160 Symbolhandlung einerseits gegeniiber magischen Handlungen, andererseits gegeniiber der meist jiingeren Zeremonie. Fiir die weitere Forschung nutzbar sind diese Beiträge^^ sicherlich nicht mehr in ihrem seinerzeitigen theoretischen Kontext. Dies schlief^t aber nicht aus, dafi einige ihrer Einblicke in das germanische Quellenmaterial unter veränderten Perspektiven der Symbolforschung, die sich aus der Auseinandersetzung der sozialwissenschaftlichen Interaktionslehren und der Semantik mit der Ethnologie ergeben haben, durchaus neue Bedeutung gewinnen können. Die Vielfalt möglicher Bezugspunkte in den heutigen ethnologisch inspirierten Handlungs- und Kommunikationstheorien zu umreifien, wiirde den hier gestellten Rahmen sprengen. Denn bei der neueren Symbolforschung handelt es sich um eine äul^erst vielschichtige theoretische Strömung, die iiber die Anstöl^e aus den zwanziger Jahren — etwa im Anschlufi an Siegmund Freud - durch friihe Werke zur Ethno-Psychologie und -Psychoanalyse*^ und insbesondere durch Ernst Cassirers „Philosophie der symbolischen Formen gefiihrt hat. In diesem wissenschaftlichen Zusammenhang ist ,,das Symbol” zu einemSchliisselbegriff sowohl sozialwissenschaftlicher Theorie wie historischhermeneutischer Methodologie geworden, weil die soziale Realität als durch Symbole konstruiert und als nur symbolisch interpretierbar vorgestellt wird.^' Zwischen den theoretischen Ausgangspositionen dieses modernen Symbolismus und dem Material sowie den Methoden gerade der Ethnologie haben vor allem in den sechziger Jahren eine Reihe von Arbeiten französischer und angelsächsischer Autoren Briicken geschlagen. Nur beispielhaft sei hier auf die „Studies in Ethnomethodology” von Harold GarfinkeD* und auf die Arbeiten 86 « 90 weit hinaus- ***’ Ebd., S. 62 ff. Her\-orzuheben sind aus ciner Reihe weiterer noch F. Beycrle, Sinnbild und Bildgewalt imälteren deutschen Recht, ZRG Germ. Abt. 58 (1938), S. 788 ff.; P. E. Schramm, Die Erforschung der mittelalterlichen Symbole, als Einfuhrung in: B. Schu'tnekoper, Der Handschuh imRecht, 1938, 2. Aufl. 1981 (Nachdruck der 1. Aufl.); E. Vi'ohlhaupter, Rechtssymbolik der Germanen . . ., in: Symbolik der europäischen Urzeit und der germanischen Völker, Bd. 2 des „Handbuch der Svmbolforschung”, hrsg. von F. Fiermann, 1941 (mit umfangreicher, aber rassistisch verzerrter Bibliographie). ** 5. Freud, Totemund Tabu (1913), in: Gesammelte Werke, 1948 ff., Bd 9. V'gl. den Uberblick bei T. Flauschild, Ethno-Psychoanalyse. Symboltheorien an der Grenze zweier Wissenschaften, in: W. Schrnied-Koivarzik u. J. Stagl (Hrsg.), Grundfragen (Anm. 1), S. 151 ff. (S. 160 ff.), sowie FI. J. Heinrichs, Uber Ethnopsychoanalyse, Ethnopsychiatrie und Ethno-Hermeneutik, ebd., S. 169 ff. E. Cassirer, Philosophie der symbolischen Formen (3 Bde.), 1923-29 (4./ 5. Aufl. 1964/69). ''' Aus dem Spektrum der Ansatze, die hierzu beitrugen, vgl. insbes. P. Berger/Th. Luckmann, Die gesellschafthche Konstruktion der Wirkhchkeit, 1969; fiir den symbolischen Interaktionismus z.B. E. Coffman, Interaction Ritual, 1967, dt.: Interaktionsrituale. Ober VT'rhalten in direkter Kommunikation, 1971; ferner A. Cicourel, Cognitive Sociology Language and Meaning in Social Interaction, 1973, dt: Sprache in der sozialen Interaktion, 1975. '*■ H. Garfinkel, Studies in Ethnomethodology, 1967. Neuaufl. 1984.
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