159 einfache erzählung” richtete und das ,,sinnliche element der deutschen rechtsgeschichte” in den Mittelpunkt stellte. Im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts und im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts verbanden sich mit diesen fruhen Ansatzen u.a. Anregungen der Volkskunde (fiir den deutschen Sprachraum) und der Kunstgeschichte. Ein neu belebtes Interesse an Form, Bild und Symbol imRecht fand Ausdruck beispielsweise in Hans Fehrs „Das Recht im Bilde”*^^ — reicher allerdings in Anschauungsmaterial und Intuition als in Theorie und Methode. Daneben entwickelte vor allem v. Amira eine Konzeption der Rechtsarchäologie,*^ in der diese tiber die Rolle einer blofien Hilfswissenschaft bei der Erschliefiung aufiertextlicher Quellengruppen binauswuchs und eine eigenständige Bedeutung fiir die Erforschung des Rechts archaischer Gesellschaften erlangte. Körperliche Gegenstände und sonstige ,,darstellende Quellen” schienen fiir die ältere Zeit „das sichtbare Rechtsleben schlechthin vor Augen (zu) fiihren”.*'* Zu den problematischen Konsequenzen gehörten eine weitgehende Identifikation der unmittelbar sinnlich fafibaren Substrate der (Rechts-)Kultur mit dem Gegenstand der Erforschung des Rechts archaischer Gesellschaften insgesamt - zulasten von Denkstrukturen und „Mentalitäten”, die weniger ,,greifbar” waren, letztlich aber den „darstellenden Quellen” erst einen Sinnzusammenhang geben können. Auf dem Hintergrund des geschichts- und sozialwissenschaftlichen Positivismus zeigen sich hier vielleicht parallele Probleme in der Erforschung archaischer Kulturen einerseits durch die Rechtsarchäologie im Sinne von Amiras, andererseits durch jene umfangsreichen Feldforschungen im Rahmen der Ethnologie, die sich auf die Beschreibung der „materiellen Kultur” konzentrieren. Unbeschadet dieser grundsätzlichen Probleme hat aber von Amiras Entwurf der Rechtsarchäologie nicht nur die Sammlung und Systematisierung nichttextlicher Quellen erheblich gefördert, sondern liefert auch eine Reihe von begrifflichen Klärungen anhand von Materialien aus der germanischen Zeit, die fiir die heutige Diskussion weiterhmniitzlich sind. Dazu gehören insbesondere seine Ansätze zur Differenzierung der „darstellenden Quellen” nach ihren Funktionen und ihrem Sinngehalt im andersartigen kulturellen Kontext (etwa bei der Unterscheidung des Symbols von mannigfachen Formen der realen Reprasentation wie der pars pro toto oder fiir das rechtliche Ritual bei der Abgrenzung der dung nach dem heutigen zustand” sowie daran anschlie(?end die Unterscheidung zwischen dem ,,historischen rechtsgelehrten” und dem „alterthumsforscher” (ebd.). Ebd., S. VII. Ebd., S. VII. H. Fehr, Das Recht im Bilde, 1923. Umfassend dargestellt in dem erst lange nach dem Tod Amiras erschienenen Werk Karl v. Amira/Frh. v. Schwerin, Rechtsarchäologie, 1943. Vgl. ebd., S. 4. Ebd.,S. 32ff. 12
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