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142 entwicklung in verschiedenen Kulturen. Sie lag demEvolutionismus des späten 19. Jahrhunderts ebenso unter idealistischemwie materialistischemoder positivistischem Einflufi nahe, mufite aber in der Folge des Neukantianismus gleichermafien vom Ståndpunkt der idiographischen Geschichtsbetrachtung wie aus der Sicht erkenntnistheoretischer Objektivismus-Kritik in Zweifel geraten.'^ 3. Dieser Wandel der wissenschaftsgeschichtlichen Voraussetzungen schliefit zwar historisch-ethnologische Vergleichung keineswegs aus, erfordert aber, sie auf neue theoretische und methodische Grundlagen zu stellen. In der deutschen Literatur hätten dafiir wohl gerade die Wissenschaftstheorie sowie einzelne Beispiele kultureller Vergleichung bei Max Weber eine Perspektive bieten können. Dieser Ansatz ist aber lange Zeit von der deutschen Geschichts- und Rechtsgeschichtsschreibung weniger genutzt worden als im angelsächsischen Raum. Eine spätere Zuwendung verschlofi fiir die Rechtsethnologie sodann bis 1945 vollends die Rassenideologie des Nationalsozialismus. Aufierhalb Deutschlands indes entwickelten sich nach dem Scheitern der älteren Komparatistik bald Ausgangspunkte fiir die Neuentwicklung der Rechtsethnologie. Dazu gehörten in den zwanziger Jahren beispielsweise die Arbeiten von Mauss und Malinowski späterhin - bereichert durch fortschreitende ethnologische Feldforschung - die Kette der neueren rechtsethnologischen Werke: aus der ,,juristischen Schule” der Legal Anthropology beispielsweise von Hoebelund Gluckmann^°; aus der ,,nichtjuristischen” Richtung von Bohannan-' und Gulliver-^; daneben mit eigenem vergleichenden Ansatz aus sozialanthropologischer Perspektive etwa J. Goody aus der französischen Vgl. hierzu O. G. Oexle, Die Geschichtswissenschaft im Zeiclien des Historismus, in; HZ 1984, S. 17 ff. sowie den Beitrag dess, auf dieser Tagung. M. Mauss, Essai sur le don, 1923/24 (deutsch: Die Gabe, 1968). B. Malinowski, Crime and Customin Savage Society, 1926, (Neudr. 1976). Ausfiihrliche Litcraturubersichten bei L. Nader, K. F. Koch, B. Cox, The Ethnography of Law; A Bibliographical Survey, in; Current Anthropology 7 (1966), S. 267 ff.; Ertle (Anm. 1); Kurziibersichten bei Schott, Rechtsethnologie (Anm. 1), S. 201 ff.; Wesel, Fruhformen (Anm. 1), S. 356 ff.; vertiefend zu den verschiedenen Literaturrichtungen L. Nader u. B. Yngversson, On Studying the Ethnography of Law and its Consequences, in; J. J. Fionigman, Handbook of Social and Cultural Anthropology, 1973, S. 883 ff. K. N. Llewellyn, E. A. Floebel, The Chevenne 'X’ay; Conflict and Case Law in Primitive Jurisprudence, 1941; E. A. Floebel, The Law of Primitive Man - A Study in Comparative Legal Dynamics, 1954 (deutsch; Das Recht der Naturvölker, 1968). M. Gluckman, The Indicial Process among the Barotse of Northern Rhodesia, 1955; ders. (Hrsg.), Ideas and Procedures in African Customary Law, 1969. P. Bohannan, justice and Judgement among the Tiv, 1957; ders.. Anthropology and the Law, in; S. Tax (Hrsg.), Horizons of Anthropology, 1964, S. 191 ff. P. FI. Gulliver, Social Control in an African Society, 1968; ders.. Neighbours and Netwerks — The Idiom of Kinship in Social Action . . ., 1971. J. Goody 1976; in Anwendung der sozialanthropologischen Perspektiven auf die Geschichte des Mittelmeerraumes und Europas insbes. ders.. The development of the family and marriage in Europe, 1983 (deutsch; Die Entwicklung von Ehe und Familie in Europa, 1986). (Hrsg.), Bridewealth and Dowry, 1973; ders.. Production and Reproduction, u.a.

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