140 nistik in jener Zeit hatte sich die rechtshistorische Forschung eng nicht nur mit der Sprachgeschichte, sondern auch mit den Vorläufern der späteren Volkskunde verbunden (nachhaltig fortwirkend durch die Werke Jacob Grimms).* Dies schuf fiir die Folgezeit auch Verständnisansätze und punktuell Interesse fiir vergleichende Ausblicke iiber den Bereich der als germanisch betrachteten Völker hinaus und diirfte auch im ausgehenden 19. Jahrhundert die Zuwendung eines Teiles der deutschen rechtshistorischen Forschung zu einer historisch-ethnologischen Komparatistik auf evolutions-theoretischer Grundlage befördert haben. Diese Verbindung von Rechtsgeschichte und Ethnologic fiihrt in die eigentliche Entstehungszeit der Ethnologic und der Rechtsethnologie als wissenschaftliche Arbeitsgebiete zuriick. Fiir die weitere Entwicklung grundlegend war es, dafi Henry Summer Maines „Ancient Law” ^ den Bogen von der Friihgeschichte bis hin zum zeitgenössischen Rechtsdenken spannte und Lewis Morgans „Ancient Society”^ der komparativen Forschung Bahn brach. Im deutschen Sprachraum schlug friih der Rechtshistoriker Johann Jacob Bachofen’ einen ähnlichen Weg ein. Ihmfolgten neben anderen J. Kohler mit zahlreichen Beiträgen, L. von Dargun und vor allemHermann Post mit seinem „Grundrifi der ethnologischenJurisprudenz”.'° Diese Tradition wirkte vereinzelt auch in Deutschland im 20. Jahrhundert fort. Richard Thurnwald " verband sie so noch in den dreifiiger Jahren mit neueren ethnologischen Forschungsansätzen; und in der heutigen Literatur findet sie Widerhall etwa in Adalbert Erlers Artikel „Ethnologie” imHRG.'* Die traditionelle Verbindung von Rechtsgeschichte und Vorläufern der Volkskunde im19. Jahrhundert stand indes weithin imBann der vorherrschenden Ausrichtung der Germanistik auf eine nationalkulturelle Identitätsbestimmung aus der Geschichte heraus. Auf diesem Hintergrund und verstärkt durch Zeit- * GrundlegendJ. Grimm, Deutsche Rechtsaltertiimer Bd. 1 (zuerst 1828), 4. Autl. (v. Heusler u. Hiibner besorgt) 1899, (Nachdruck 1974). ^ H. S. Maine, Ancient Law, 1861 (Neudr. u.a. 1977). ** L. H. Morgan, Ancient Society, 1878, deutsch: Die Urgesellschaft, 1908 (Neudr. 1976). J. J. Bachofen, Das Mutterrecht, 1861 (neu hrsg. von K. Meuli 1948); vgl. jiingst Muhlenbach, J. J. Bachofen als Rechtshistoriker, in: ZRGGerm. Abt. 105 (1988), S. 17 ff. A. H. Post, Grundrifi der ethnologischen Jurisprudenz, 1894/95. “ R. Thurnwald, Werden, Wandel und Gestaltung des Rechts im Lichte der Völkerforschung, 1934; zuvor ders., Psychologie des primitiven Menschen, in: G. KaPea (Hrsg.), Handbuch der gleichenden Psychologie I, 1922, S. 145 ff.; S. auch ders., Grundfragen menschlicher Gestaltung. Ausgewählte Schriften 1957. Ferner Verbindungen von der Zeit nach dem ersten Weltkrieg zur neueren rechtsethnologischen Literatur beispielsweise durch H. Trimborn, insbes. ders.. Die Methode der ethnologischen Rechtsforschung, in: Zeitschrift fur vergleichende Rechtswissenschaft 43 (1928), S. 416 ff.; ders.. Die Privatsache und der Eingriff des Staates, in: Deutsche Landesreferate zum III. Internat. Kongrcfi fur Rechtsvergleichung in London, 1950, S. 133 ff. - Unter den älteren deutschen Beiträgen zur Rechtsethnologie auch heute von Interesse ferner etwa B. Gutmann, Das Recht der Dschagga, 1926. A. Erler, Art. Ethnologie, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRG) I, Sp. 1022 f. ver-
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