129 Fächer nicht einseitig um kurzfristige Niitzlichkeitswecke zu befriedigen betrieben werden. Die Rechtswissenschaft im Allgemeinen, einschliel^lich Rechtsgeschichte, sollte deswegen eine exklusive wissenschaftliche Identität suchen. Wie das Studium heute organisiert ist, kann man es am Besten als eine „Brotwissenschaft” beschreiben. Alle ,,Brotwissenschaft” zielt darauf, dafi man ausschlieBlich die Resultate lernt. Mit Blick nur auf den äufieren Zweck des Studiums werden die Griinde der Tätigkeit nicht reflektiert: Entweder bleibt man in gliicklicher Unbewufttheit, dafi das wissenschaftliche Studium gewisse Ausgangspunkte hat, die es als Wissenschaft konstituieren, oder man weist sie in vollem Bewufitsein von sich mit der Begriindung, daft sie nicht nutzbringend seien. Man kann sich natiirlich auch die Möglichkeit vorstellen, daft gewisse wissenschaftliche Grundlagen auf eine mechanische Weise gelernt werden, dann wiederum, umeinen äufteren Zweck zu erreichen, z.B. eine Priifung. Das wissenschaftliche Studium ist heute in einem allzu hohen Grad auf seine empirisch-praktische Anwendung bezogen, bedeutet auch, daft man sich nur als ein Mittel betrachtet. Diese Auffassung der Wissenschaft als ein Mittel, ein Instrument, hat zur Folge, daft 1. das Gelernte aus Mangel an kreativem Schaffen ein mechanischer, starrer und, wie im Falle der Rechtsgeschichte, toter Stoff wird, weil es nur auf das Gedächtnis gegriindet ist und nicht auf eine organische und lebendige Weise aufgenommen und umgeformt ist. Man kann den Stoff nicht beherrschen, sondern man wird von dem Stoff bestimmt. F.C. von Savigny hat in seinen beriihmten Marburger Methodenvorlesungen folgende einsichtsvolle, anregende und heute höchst aktuelle Betrachtung iiber das Problemangestellt: Eine solche Behandlung wiirde von sehr geringemWerte sein, wenn sie ein bloftes Fachwerk, ein bequemes Aggregat der Materien lieferte. Sie ware dann blofte Erleichterung des Gedächtnisses, soil sie wahres Verdienst haben, so muft ihr innerer Zusammenhang eine Einheit produzieren.^ 2. das Interesse und die Aufmerksamkeit aus Mangel an Konnexität zwischen Subjekt und Objekt sich auf das Zufällige richten, so daft man fiir das Allgemeine blind wird. Deswegen wird es demForscher schwieriger, wirkliche Fortschritte zu machen. Diese empiristische Denkweise ist heute die herrschende unter den Gesellschaftswissenschaftlern und den Historikern. Wenn man vomGewinnen neuerer Kenntnisse spricht, meint man ausschlieftlich ein aus den Archiven und Bibliotheken Hervorbringen vergessenen, empirisches Stoffes. Folglich hat nur der empirische Stoff wissenschaftlichen Wert. Darauf folgt, daft jedem Versuch zu Entdeckungen im Allgemeinen, im Idealen, imSubjekt usw. Skepsis begegnet und er als etwas nicht zur Wissenschaft Gehörendes klassifiziert wird. Die ’ F. C. von Savigny, Juristische Methodenlehrc, Hrsg. Gerhard Wesenberg, 1951, S. 16.
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