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115 Lozek ,,die konkrete geschichtliche Forschung, die Erforschung der vielfältigen, unwiederholbaren Ereignisse untrennbar verkniipft mit der Aufdeckung und Untersuchung der Struktur- und Entwicklungsgesetze in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Das ist nur möglich auf der Grundlage der materialistischen Dialektik als der umfassenden und universellen Methode der Erkenntnis der objektiven Realität, in der die historische und die logisch-systematische Analyse von Natur und Gesellschaft eine untrennbare Einheit bilden”/^ Auf der Grundlage dieses „wissenschaftlich begriindeten materialistischen Histowird Kritik geubt am sogenannten ,,burgerlichen Historismus” gleich welcher Prägung, an dessen theoretisch-weltanschaulicher Grundposition, vor allemaber an dessen ,,Subjektivismus”, der ,,den gesetzmäfiigen Charakter des geschichtlichen Gesamtprozesses” leugne.^' Auch gegen Max Weber richtet sich diese Kritik; etwa gegen seinen Begriff der Objektivität, der in der Tat ausdriicklich auf den Anspruch absoluter Erkenntnis der geschichtlichen Wirklichkeit verzichtet und die Existenz objektiv erkennbarer Realität leugnet, was zumVorwurf gemacht wird.^^ Ein anderer Punkt der Kritik ist, dafi Weber im Unterschied zu Marx ,,uber keinen zufriedenstellenden Rahmen fiir eine Analyse der Weltgeschichte” verfiigt habe,*^ dafi seine Wissenschaft iiberhaupt ,,das Ganze” nicht zu erkennen erlaube und er somit ,,nicht nur hinter Marx, sondern auch hinter Hegel” zuriickgefallen sei.*"* Diese Feststellung ist richtig, als Vorwurf geht sie jedoch ins Leere, weil Max Weber den Anspruch auf objektive Erkenntnis im Sinne der Abbildung historischer Realität me erhoben sondern vielmehr ausdriicklich zuriickgewiesen hat, und weil er den Rahmen einer Analyse der Weltgeschichte im Sinne umfassender universeller und objektiver Realität nicht erstellen wollte. So unverkennbar die ideologischen oder historischen Bedingtheiten der Arbeiten Max Webers auch sein mögen, so sehr er auch - wie iibrigens jeder Forscher - an die „Voraussetzungen seiner Zeit und seiner Klasse” gebunden gewesen sein mag, sein Verzicht auf absolute Erkenntnis und sein Hinweis auf die Grenzen der Wissenschaft resultieren nicht aus solchen ideologischen und historischen Bedingungen der Zeit um 1900, sondern aus wissenschaftsphilosophischen Erwägungen, die in der Tra- « 80 rismus W. Kiittler — G. Lozek, Marxistisch-leninistischer Historisnius und Gesellschaftsanalyse. Die historisclie GesetzmaRigkeit der Gesellschaftsformationen als Dialektik von Ereignis, Struktur und F.ntwicklung, in: E. ENonBtRo (Hg.), Probleme der Geschichtsmethodologie, 1972, S. 33 ff., S. 34. Ebd. S. 33. Ebd. S. 34. W. Kurn i r - G. LoztR, Der Klassenbegritf im Marxismus und in der idealtypischen Methode Max 'X'ebers, in: J. Roi (Hg.), Max Weber, der Historiker (Kritische Studien zur Geschicbtswis- .sen.sehah 73), 1986, S. 173 tf. E. J. HoBSBAViM, Weber und Marx. Ein Kommentar, in: Kot k.a (Hg.), Max W’eber, der Historiker, S. 84 ft., bier S. 87. Kl nii R - l.ozi K, Der Klassenbegriff im Marxismus, S. 189. Hobsbawm, S. 88.

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