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no Mit dieser Bestimmung seiner Position hat Max Weber auch einen Beitrag geleistet zur Lösung der zuerst von Nietzsche umfassend reflektierten, dann von Troeltsch historisch wie systematisch mit grower Intensität bearbeiteten Probleme des Historismus und des Relativismus. Die historische Wissenschaft ist auch nach Max Webers Auffassung in der Tat die „Wissenschaft des universalen Werdens” und sie bleibt es. Sie soil aber, im Gegensatz zu Nietzsches Forderung, deshalb nicht eliminiert werden. Weber sucht die Lösung des Problems nicht in der Beseitigung der unendlichen Wissenschaft, sondern in der Begrenzung der Reichweite dieser Wissenschaft und damit in der Beschränkung der Tragfähigkeit ihrer Ergebnisse. Das Grundthema der Wissenschaftstheorie Webers ist deshalb die Feststellung der Grenze des wissenschaftlichen Wissens. Darin liegt die Bedeutung dieser Reflexion auch und gerade am Ende des 20. Jahrhunderts. Webers Reflexion fiber die Grenzen der Wissenschaft durch ihre Unterscheidung vom Bereich des Lebens hat gegeniiber den Vorschlägen von Troeltsch und von Nietzsche grofie Vorziige. Denn gegeniiber Troeltsch behauptet Max Webers Begriff der Wissenschaft die Giiltigkeit von Wissenschaft zwar in ihren Grenzen, aber auch in ihrer Autonomie, ohne die Bemiihung von Metaphysik. Gegeniiber Nietzsche betont Max Webers Bestimmung der Wissenschaft deren Recht auf Eigenstandigkeit, deren Selbständigkeit ohne Unterwerfung unter die Bedingungen des Lebens. Indem Nietzsche von der Flistorie forderte, ihren Wissenschaftscharakter aufzugeben, suchte er eine Alternative zur ,objektiven Wissenschaft’, umdas Leben von deren Herrschaft zu befreien. Troeltsch hingegen ging es darum, eben diese ,objektive Wissenschaft’ zu retten, indemer ihre Objektivität neu begriindete und zugleich die Rettung der Werte durch diese Wissenschaft zu sichern vermeinte. Max Weber hingegen skizzierte eine alternative Wissenschaft, die sich ihrer Grenzen bewufit ist, weil sie den Objektivitätsanspruch im Sinne des Abbildens historischer Wirklichkeit aufgegeben hat und dadurch die Autonomie des Lebensbereiches wie der Wissenschaft selbst zu sichern und zugleich die Reflexion iiber die Verkniipfung beider aufzunehmen bereit ist. VII Erst in dem unmittelbar zuriickliegendenJahrfiinft hat die Forschung näher erfalJt, in welchem MaBe Max Weber sich Fragen Nietzsches zu eigen gemacht hat.^‘ Vor allem W. Hennis hat jiingst auf „die Spuren Nietzsches im Werk W. J. Mommsen, Die antinomische Struktur des politischen Denkens Max Webers, in; Historische Zeitschrift 233 (1981), S. 35 ft., bes. S. 39 ff.; R. Eden, Political Leadership and Nihilism. A Study of Weber and Nietzsche, 1984; O. G. Oexle, Die Geschichtswissenschaft imZeichen des Historismus. Bemerkungen zumStåndort der Geschichtsforschung, in: Historische Zeitschrift 238 (1984), S. 17 ff. bes. S. 25 ff. und S. 30 ff.; D. J. K. Peukert, Die „letzten Menschen”. Beobachtungen zur Kulturkritik imGeschichtsbild Max Webers, in: Geschichte und Gesellschaft 12 (1986), S. 425 ff.;

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