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109 - ausdriicklich oder stillschweigend, bewufit oder unbewufit - als Forschungsobjekt ausgewählt, analysiert und darstellend gegliedert werden”.^^ Die Nebeneinanderordnung von Wissenschaft und Leben bedeutet also die Unterscheidung der Bereiche. Dabei aber bleibt es nicht. Vielmehr folgt der Feststellung der Unterscheidung sogleich die Frage nach ihrer Verkniipfung. Daraus ergeben sich zwei Richtungen der Argumentation, die sich mit ,,Stoffhubern” und mit ,,Sinnhubern” auseinandersetzt. Gegen die vorgeblich objektive Wissenschaft, die ihre Objektivität im Sinne des Abbildens oder im Sinne der Rekonstruktion von historischer Wirklichkeit nur behaupten kann, weil ihr noch nicht deutlich wurde, dal5 sie unbewufit und von stillschweigend vorausgesetzten Wertsetzungen her arbeitet und nur arbeiten kann, setzt Weber den Fiinweis auf die Verkniipfung beider Bereiche, d.h. die These der Konstituierung wissenschaftlicher Erkenntnis durch Wertsetzungen. Den bloben „Stoffhubern” mit ihrem ,,tatsachengierigen Schlund” hält Weber also die Desillusionierung der ,,naiven Selbsttäuschung des Fachgelehrten” entgegen, „der nicht beachtet, dal? er von vornherein Kraft der Wertideen, mit denen er unbewuBt an den Stoff herangegangen ist, aus einer absoluten Unendlichkeit einen winzigen Bestandteil als das herausgehoben hat, auf dessen Betrachtung es ihm allein ankommt”.^® Gegen die „Sinnhuber” dagegen, die die Bereiche der Wissenschaft und des Lebens vermischen und die Wissenschaft mit Gesinnungen iiberschwemmen,^^ akzentuiert Weber die Unterscheidung von Wissenschaft und Leben und betont die Bedeutsamkeit der oft nur „haarfeinen Linie”,^° die Wissenschaft und Wertsetzungen, Wissenschaft und Glauben scheidet. Daraus ergibt sich Webers neue Definition von ,Objektivität’ im Sinne ihrer Konstituierung durch Werte, bei gleichzeitiger Beachtung der Grenze zwischen Werturteil und wissenschaftlichem, d.h. empirisch begriindetem Urteil. ,,Die objektive Giiltigkeit alles Erfahrungswissens beruht darauf und nur darauf, dal? die gegebene Wirklichkeit nach Kategorien geordnet wird, welche in einem spezifischen Sinn subjektiv, nämlich die Voraussetzung unserer Erkenntnis darstellend, und an die Voraussetzung des Wertes derjenigen Wahrheit gebunden sind, die das Erfahrungswissen allein uns zu geben vermag”. Die Objektivität wissenschaftlicher Erkenntnis erweist sich also in der intellektuellen Redlichkeit, mit der iiber die Wertsetzungen reflektiert wird, die der Konstituierung wissenschaftlicher Gegenstände zugrunde liegen. Und Max Weber fiigt hinzu: ,,Wcm diese Wahrheit nicht wertvoll ist, . . . dem haben wir mit den Mitteln unsercr Wissenschaft nichts zu bieten”.^' Ebd. S. 170. Hbd. S. 214, 181. Ebd. S. 157. Ebd. S. 212. *>' Ebd. S. 212 f.

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