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ZuMFortwirken von Pufendorfs Naturrechts-Lehre 47 gesetzt und notwendig erklärt werden. Das ältere protestantische Naturrecht, Pufendorf, Grotius und nunmehr auch Christian Wolff boten nicht nur wegen ihrer starken spatscholastischen Komponenten hier die Mittel, zeigten die Wege. Bezeichnenderweise findet sich bei Reformen der katholischen Universitäten denn auch immer wieder, daB Naturrechts-Lehrstuhle — in Verbindung mit weiteren juristischen Materien begreiflicherweise — in den juristischen Fakultäten eingerichtet wurden.^^ Auch hier zielten namlich die Verbesserungen hauptsachlich auf die weltliche Leitwissenschaft, die Jurisprudenz. Diese Lehrstuhle wurden als die wichtigsten Motoren fiir die Verjungung der Universitaten und der Wissenschaften begriffen. Indem sie zumeist auch den Vortrag des jus publicum — und nicht nur des im katholischen Reich dem Naturrecht gleichgeschätzten und — gesetzten jus publicum universale, sondern auch des Jus publicum Romano-Germanicum —iibertragen bekamen, hatten sie insoweit eine fast analoge Funktion zu der der Publicisten an protestantischen Universitaten. Zu diesen beiden Materien gesellte sich schlieBlich dort noch —als ebenfalls zentrale Erneuerungsdisziplin — die Cameralistik.^® Sie hatte verständlicherweise den ökonomischen Anstrengungen — vorab in österreich^^ — Wege und Ziele zu weisen. Sie gait da gern als Teil erneuerter Jurisprudenz wie seinerzeit schon in Ffalle. Sehr schön kommt diese Trias reformerischer Wissenschaften in der Ernennung des Freiherrn von Ickstatt zum Direktor und Professor Primarius der Juristen an der Universität Ingolstadt zum Ausdruck. Sein Lehrgegenstand hatte nach dieser Urkunde vom 22. August 1746 zu sein: „Jus publicum, naturae et gentium et Jus oeconomico-camerale“.®^ Wenn das auch eine Ingolstädter Besonderheit war — obwohl es auch andernorts sich wiederholte —, kennzeichnet es gut den gemeinten Zusammenhang. Die zum Teil anderen Voraussetzungen katholischer Territorien muBten bei gleichen Zielen eben auch andere MaBnahmen ergreifen lassen, fiihrten zu einemmodifizierten —und in diesem Punkt des Naturrechts nicht unerheblichen —Studien —bzw. Fächeraufbau. DaB die genannten historischen Bedingungen imkatholischen Reichsteil und die dementsprechenden theoretisch-wissenschaftlichen Aufgaben den Grund dafiir abgeben, geht u.a. deutlich aus einer Wiener Instruktion fiir den Inhaber des NaturrechtsIn den Habsburgischen Landen generell, ferner in Wurzburg, Bamberg, Mainz, Bonn, Ingolstadt, Salzburg, Dillingen. Der beste Oberblick bei J. Bruckner, a.a.O.; vgl. ferner H. Maier, Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre, Miinchen 1980-. Dazu demnächst auch die Publikation der KongreBakten: Herausforderung 1780. Kontinuität und Zasur in Europa zur Zeit Maria Theresias und Josephs II., hrsg. v. G. Klingenstein und R. Plaschka, Wien 1986. Zit. nach Aufklärung und katholisches Reich, 93. 49

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