46 Notker Hammerstein sierungsdisziplin“. Von ihr ging man aus, um die erneuerten weiteren Disziplinen abzuleiten und einzuordnen. So gab es denn auch eine Reihe bemerkenswerter eigener, katholischer Naturrechts-Compendien neben den ebenfalls genutzen älteren protestantischen. Die Grunde fiir diesen Umstand sind leicht zu benennen. Auch in den katholischen Reichsterritorien ging es darum, wie bereits mehrfach erwähnt, den staatlichen Instanzen ein vermehrtes Gestaltungsrecht imLande zu sichern, eine effizientere Verwaltung und eine insgesamt bessere Leistung zu erreichen. Der Landesherr muBte das Sagen haben, vor und auch gegen die Kirche. Das territorialstaatliche Interesse —in österreich und Bayern als aufgeklarter Absolutismus, in seiner extremen Steigerung „Josephinismus“ genannt,'*® in den geistlichen Staaten als Febronianismus episkopalistisch gegen die Kurie^^ —erschien als Gebot der Stunde. Tatsachlich wurden auf diesem Weg dann auch bemerkenswerte Erfolge erzielt, holten die katholischen Territorien das ihnen mangelnde lutherische Arbeitsethos, die notwendigen Leistungsanstrengungen ein. Das durfte aber nur auf eine Art erreicht werden, die der Kirche als Verwalterin des dem Menschen notwendigen Gnadenschatzes, als Huterin des rechten Glaubens, ihren Platz im Gemeinwesen lieB. So durfte es z.B. nicht möglich sein, daB das Ansehen und die Rechte des Papstes in Glaubensfragen geschmalert worden wären, daB Seelsorge, Gottesdienste, religiöse Bräuche nachhaltlg hätten eingeschränkt werden miissen. Der spätere Widerstand gegen Josephs II als iiberzogen empfundene Verordnungen sollte das bestatigen! Die friiheren Reformer waren hier vorsichtiger und auch erfolgreicher. Das katholische jus circa sacra hatte das ebenso zu leisten wie das jus publicum. Ohne absichernde Vorgabe verbindlicher Normen — nunmehr als naturliche, dem Zeitgeist entsprechend, firmierend, nicht mehr als göttliche —war dies aber nicht möglich. Es muBte ferner die absolutlstische Stellung des Fursten, der ja die dem Gemeinwesen nötigen Besserungen durchfiihren muBte, der die einsichtsvoll — kenntnisreichen Räte zu schiitzen und waken zu lassen hatte, legitimiert werden, ohne daB wiederum die Kirche in allenfalls vereinsahnliche Bedeutungsloslgkeit hinabgedriickt wurde. Es muBten ferner diese MaBnahmen selbst, das an „allgemeiner Gluckseligkeit“ ausgerichtete Handeln des Fiirsten als unabdingbar, als Vgl. die Aufsätze in: K. A. v. Aretin (Hrsg.), Der aufgeklärte Absolutismus, Giitersloh 1974; E. Kovacs, Hrsg., Kotholische Aufklärung und Josephinismus, Miinchen 1979. H. Raab, Die Concordata Nationis Germanicae in der Kanonistischen Diskussion des 17. bis 19. Jahrhunderts, Wiesbaden 1958. Insgesamt auch Stintzing/Landsberg, III, 1, 364 ff. AuBer Link vgl. auch E. Seifert, Paul Joseph Riegger (1705—1775). Ein Beitrag zur theoretischen Grundlegung des Josephinischen Staatkirchenrechts, Berlin 1973. 48
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