RS 12

Notker Hammerstein 32 deutschen Universität errichtet worden ist und wirksam zu sein vermochte, und so zutreffend es ist, mit Pufendorf das erste fiir den Universitätsunterricht bedeutsame Naturrechts-System — zusammen mit dem des Grotius freilich —in Verbindung zu bringen: Es ist damit nicht ausgemacht, daB diese Materie zentraler Bestandteil der erneuerten Jurisprudenz oder des universitären Wissenschaftskanons im Umkreis der Philosophia practica war, bzw. stilbildendes Muster fiir jedwede spätere naturrechtliche Systematik blieb. Zum mindesten scheinen mir einige Indizien dafiir zu sprechen, daB bier vorsichtigeres Urteil angemessen sein könnte. Im folgenden soil das daher, ohne vollstandig sein zu wollen, also ausschnitthaft, erörtert werden wie es sich damit verhält. Eine insoweit eher vorläufige Antwort auf die Frage nach der Fortwirkung der Pufendorf’schen Naturrechts-Lehre an den deutschen Universitäten soli also gegeben werden. Es soil ferner dabei gefragt werden, inwieweit iiberhaupt die Lehre des Naturrechts Ausweis erneuerter, verjiingter Jurisprudenz an den Universitäten des 18. Jahrhunderts gewesen ist. Beides hängt schlieBlich eng zusammen. Vorläufig ist nun diese Antwort auch insoweit, als ich nicht alle Universitäten iiberpriift habe, iiberhaupt ein wenig vereinfachend, thesenhaft argumentieren werde. In der jiingsten und wichtigen Darstellung der juristischen Fakultäten und ihres Lehrprogramms während der friihen Neuzeit beurteilt H. Going das Naturrecht wie folgt: „Es ist das Lehrfach par excellence der neuen Cartesianischen Rechtswissenschaft, die sich im 17. Jahrhundert anbahnt und im 18. mit der Aufklärung durchsetzt. Diese neue Theorie beruht in erster Linie auf Grotius; später tritt Pufendorf als Schulautor daneben“.^ Gustav Schmoller hatte seinerzeit von dem Naturrecht gemeint, es wolle „die gesamte staatswissenschaftliche, rechtliche und volkswirtschaftliche Erkenntnis der Zeit systematisch darstellen“.'* Aus diesem Grund lassen sich, so schloB H. Peter in seinemUberblick iiber die juristischen Lehrfächer „in der Literatur und im Lehrbetrieb der Universitäten öffentliches Recht (Publizistik), Naturrecht, Neuere politische Geschichte und Nationalökonomie nicht immer voneinander trennen“.^ Auch diese Feststellung beschreibt eine eigentlich seit langem unbestrittene Auffassung. Denn in der Tat können die gleichen Personen in diesen verschiedenen Materien lehrend und schreibend hervortreten, scheinen jederzeit flieBende Ubergänge zwischen diesen uns Späteren getrennten Disziplinen selbstverständlich. ® H. Going, Hrsg., Handbuch der Quellen und Literatur der neueren Europäischen Privatrechtsgeschichte, II, 1, Miinchen 1977, 46. G. Schmoller, GrundriB der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre, I, 1919*-, zit. bei H. Peter, vgl. Anm. 5. ® H. Peter, Die juristische Fakultat und ihre Lehrfächer. Ein geschichtliche Oberblick. StudiumGenerale, Jg. 16, H. 2, 1963, 65 ff., hier 72.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=