PUFENDORF UND UNSERE ZeIT 11 dieselben Miinzen, die er empfangen hat, wieder zuriickgeben (eadem corpora seu species), wahrend normalerweise der Ge brauch solcher vertretbaren Sachen darin besteht, daB man sie ver braucht und nachher welche von derselben Art und Giite zuriickerstattet/ Als er dies in Heidelberg und in Lund niederschrieb, 1670—72, war Pufendorf noch keine vierzig Jahre alt, hat sich aber in die seelische Lage alter Manner, die jungen Mädchen imponieren wollen, offenbar schon gut hineinzudenken vermocht! Auch die Lehre vomSchadensersatz, von der restitutio ist ohne ihn nicht zu denken, so sehr sie auch, bewuBt oder unbewuBt, von der Spatscholastik beeinfluBt war. Ebenso trägt das Eigentums- und das Erbrecht der Eolgezeit deutliche Ziige von Pufendorfs Denken. Vor allemaber ist es das Familienrecht, worin wir seine Wirkung spiiren. Die Pflicht des Mannes ist es, so hören wir von ihm,-** seine Frau zu lieben, zu ernähren und zu unterhalten, sie zu lenken — ,regere‘ heiBt es bei Pufendorf, ,conduire‘ iibersetzt Jean Barbeyrac sehr viel konzilianter —, sie zu stutzen und zu verteidigen. Die Frau ihrerseits soil ihren Mann lieben, ehren, ihm Hilfe leisten nicht nur, indem sie Kinder zur Welt bringt und erzieht, sondern auch, indem sie sich der hauslichen Angelegenheiten annimmt. Das Ziel einer so engen Verbindung erfordert von beiden Ehepartnern, daB sie Gutes und Boses, was ihnen widerfährt, miteinander teilen, daB sie einander Trost und Beistand gewahren, soweit dem einen oder anderen eine Priifung auferlegt wird, daB jeder sich der Stimmung des anderen anpaBt und daB sie wechselscitig Riicksicht auf einander nehmen, um alles zu vermeiden, was den Frieden des Hauses stören könnte —wobei freilich nach Pufendorfs Ansicht die Frau mchr Anpassung und Respekt fiir den Mann bezeigen muB, als umgekehrt, da sie ihm in gewisser Fiinsicht unterlegen ist. Letzteres zeigt uns gewiB, daB Pufendorf noch nicht den heutigen Auffassungen iiber die ,Glcichberechtigung‘ von Mann und Frau entspricht —aber kann man im ubrigen das, was die Ehe zu einer so einzigartigen Gemeinschaft, zu einem ,consortium omnis vitae* macht, schöner ausdriicken, als es hier geschah? Und ist die diirftige ,Verpflichtung der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft*, wie sie zum Beispiel das deutsche Biirgerliche Gesetzbuch (§ 1353 I) heute vorsieht, einer solchen wirksamen Beschreibung wie bei Pufendorf gleichwertig? Da war doch noch der Code Civil mit seinem Artikel 212 um vieles anschaulicher, worin es heiBt: ,Les epoux se doivent mutuellement fidélité, secours, assistance* —und auch die Formulierungen im PreuBischen Allgemeinen Landrecht, obschon sie etwas gar zu ausfiihrlich geraten sind, haben weit mehr Gehalt. Aber lassen wir dieses Thema ,droit de mariage*, wozu ebenfalls wieder ein Karajan oder ein Nobel heute unter uns ist, und wenden wir uns lieber -« DOHC 11,2,10.
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