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PUFENDORF UND UNSERE ZeIT 3 der Rechtsordnung zu erhalten.^ Ein ,naturrechtliches Wertesystem' lag der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde. Die ,Natur der Sache* wurde von ihm beispielsweise fiir die Verwirklichung der verfassungsrcchtlichen Gleichheitsgarantie herangezogen.'* Aber diese sogenannte ,Naturrechtswelle‘ ist längst wieder abgeebbt. ,Wir sind vorsichtiger geworden‘, auBerte neulich Professor Ernst Benda, der Präsident unseres Bundesverfassungsgerichts, zu mire’’ Bei den Juristen vieler Länder herrscht heute ein Neo-Positivismus, der dem Gedanken eines auBerstaatlichen, eines natiirlichen, eines aus der ,Natur der Sache' folgenden Rechts —ob es nun religiös, empirisch, rationalistisch oder wie auch immer begriindet werde —ablehnend oder zumindest kritisch gegeniibersteht. In dieser Lage, so meinen wir, hat uns nun ein ,GroBer Rechtsdenker‘“ wie Pufendorf besonders viel zu sagen, weil es eine seiner hervorragenden Gaben war, aus den von ihni dargelegten, zumeist religiös motivierten Grundziigen eines fiir alle Menschen geltenden Rechts praktische Folgerungen abzuleiten fiir ganz verschiedene Gegebenheiten von Zeit, Ort und Lage. Die Praktikabilität des Naturrechts bei Pufendorf, die wir nachher an einigen Beispielen kennen lernen werden, macht ihn fiir uns so wertvoll, so gegenwartsnah. Pufendorf verfiigte iiber das, was man heute eine ,kreative Phantasie' nennt. Er hilft sich in konkreten Fragen der Staats- und Gesellschaftsordnung seiner Zeit mit der Ableitung von konkreten Antworten wechselhaften Inhalts aus unverriickbaren, ewigen Grundsätzen des Rechts, je nach den von ihm als richtig und berechtigt angenommenen, wechselnden Bediirfnissen der Menschen, je nach den Besonderheiten des Einzelfalls. Eine wichtige Rolle spielt hierbei der Gleichheitsgrundsatz. Alle Menschen sind gleich vor Gott, alle haben gleiche Rechte. Aber sind sie deshalb * So Chr. Link S. 24 in dem von ihm herausgegebenen, im Lit.-Verz. crwiihnten Sammelband iiber das Leibholz-Symposion. Zur jNatur der Sache' in der Zeit des spaten Naturrechts vgl. H. Thieme, Ztschr. d. Savigny-Stiftung f. Rechtsgesch., Germ. Abt., 56. Bd., Weimar 1936 S. 231 f., zu ihrer Bedeutung in der Rechtsphilosophie G. Radbruchs E. Wolf und F. v. Hippel an dem in Anm. 2 angefuhrten Ort, zur Dogmengeschichtc des Begriffs auch Max Gutzwiller in dem Sammelband ,Die ontologische Begriindung des Rechts', Darmstadt 1965 sowic M. Lipp in seiner im Lit.-Verz. angefuhrten Monographic. ® Ober die ,Wege zum Naturrecht in Deutschland' (1946—1948) orientierte vorziiglich Thomas Wiirtenberger im Archiv fiir Rechts- und Sozialphilosophie Bd. 38, 1949/50. Vgl. jetzt auch den von Werner Maihofer herausgegebenen Sammelband ’Naturrecht oder Rechtspositivismus?', Wege der Forschung Bd. XVI, Darmstadt 1966 mit zahlreichen wichtigen Bciträgen. “ Neben den im Lit.-Verz. erwähnten Werken von Denzer, Kleinheyer/Schröder, Wieacker und Wolf mit ihren bibliographischen Angaben sei hier auch auf die darin angefuhrten Schriften von Hans Welzel noch einmal besonders hingewiesen.

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