,,Entia Moralia“ Menschen verpflichtenden und ermächtigenden Rechtsnormen“d^ Auch hier zeigt sich, daB bei Kelsen der Begriff der „Norm“ völlig den Begriff des „Sinns“ iiberlagert, sodaB der „Sinn“ auf ein ,.Sollen“ reduziert wird. Kelsen nimmt von dem Bereich des rechtlichen „Sinns“ nur jenen Teil zur Kenntnis, der zugleich auch ein „Sollen“ ist. Der verbleibende groBe Restbereich des nicht mit einem „Sollen“ gleichzusetzenden „Sinns“ wird bei Kelsen ausgeblendet, sodaB diesbeziiglich die Reine Rechtslehre mit einem semantischen Defizit behaftet ist. Der allgemeine Begriff des rechtlichen „Sinns“ ist zwar auch bei Kelsen zunächst systematisch einbezogen, wird jedoch bei der näheren Durchfuhrung seiner Theorien ausgeklammert. Sowohl Pufendorf als auch Kelsen gehen im Systemansatz von einem „Sinn“ („entia moralia“) aus, doch wird der Umfang dieses Begriffes in der weiteren systematischen Durchfuhrung bei Kelsen wieder auf das „Sollen“ eingeschränkt. In gewisser Weise hat Kelsen mit Pufendorf auch das ideologiekritische Anliegen^^ gemeinsam, wenngleich er mit dem Naturrecht auch Pufendorf ablehnte. Doch auch Pufendorf hat sich zu seiner Zeit fur eine Entideologisierung des Rechts eingesetzt, freilich soweit dies damals wissenschaftspolitisch machbar war.^® 145 2. Zur Formalisierungder ,,impositio“ Die Formalisierungen der modernen Normenlogik entsprechen dem methodischen Ansatz der friihen Aufklärung, der mit „more geometrico“ umschrieben werden kann. Erst mit der Normenlogik ist die Rechtstheorie in der Lage, das seinerzeitige methodische Programeinzulösen. Vergleichbar der Formalisierung der Normen läBt sich auch eine Formalisierung der Deutungen vornehmen. Dadurch treten die strukturellen Gemeinsamkeiten aber auch die Verschiedenheit klar zu Tage. Auszugehen ist von der Formalisierung der Norm. Eine Norm n, die das Verhalten a vorschreibt, kann wie folgt symbolisiert werden. n ( a ) Die „impositio“ läBt sich mit i symbolisieren. In ihrem Inhalt wird etwa das „ens physicum“ a mit dem „ens morale“ A verbunden. Das Verbin- »■« RRL 178. H. Kelsen, Aufsätze zur Ideologiekritik, 1964. Bemerkenswert im Hinblick auf den rechtstheoretischen Systemaufbau ist auch die Obernahme der Pufendorfschen Konstruktion der Doppelnorm (vgl. A. VerdroC, a.a.O. 134) durch Kelsen (vgl. etwa RRL 56). F. Lachmayer, Grundziige einer Normentheorie, 1977, 36 f.
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