Friedrich Lachmayer „Deutung“ mit der „Norm“ gleichgesetzt. Ausdriicklich sagt Kelsen, daB es die „Norm“ ist, „die dem Akt die Bedeutung eines Rechts- (oder Unrechts-) Aktes verleiht“.^^ Durch diese Kelsensche Gleichsetzung von „Deutung“ und „Norm‘‘ ergeben sich fiir die „Reine Rechtslehre“ schwerwiegende Folgerungen. Da der „Sinn“ nur durch „Nornien“ erzeugt wird und diesen das „Sollen“ anhaftet, kommt Kelsen dazu, den rechtlichen „Sinn“ stets als „Sollen“ zu sehen. Die urspriinglich im System der „Reinen Rechtslehre“ angelegte Trennung von „Sein“ und „Sinn“ wird damit auf eine Trennung von „Sein“ und „Sollen“ reduziert. Dementsprechend sieht Kelsen das Recht ausschlieBlich als aus „Normen“ zusammengesetzt an. Das Recht sei „ein System von menschliches Verhalten regelnden Normen“.^- Der Kelsensche Normmonismus beruht auf dieser Gleichsetzung von „Deutung“ und „Norm“. Das Pufendorfsche System ist hier wesentlich offener. Da es einen von der Normverschiedenen und somit eigenständigen Begriff der „impositio“ gibt, der die „entia moralia“ erzeugt, wird ein Normmonismus vermieden. Bei der Gleichsetzung von „Deutung“ und „Norm“ ereignet sich auch der erste Bruch imsystematischen Aufbau der „Reinen Rechtslehre“. Normen sind nach Kelsen auf ein gesolltes menschliches Verhalten abgestellt. Hingegen muB sich eine Sinnbeilegung, eine Deutung, nicht immer auf menschliches Verhalten beziehen. Ein „Sinn“ kann ebenso einer Sache oder einem Menschen verliehen werden. Selbst eine Norm, die eine Deutung vorschreibt, ist nicht mit dieser Deutung gleichzusetzen, sondern verbleibt auf einer Metaebene. Vermeidet man eine Gleichsetzung von „Deutung“ und „Norm“, dann folgt, daB neben den Rechtsnormen auch die Rechtsdeutungen selbständige Bestandteile des Rechtes sind. Es wird in einem solchen Fall entbehrlich, die nichtnormativen Elemente der Rechtsordnung in ,,unselbstandige Normen“ umzuinterpretieren.^^ Ein Beispiel, bei dem sich die verschiedenen Konstruktionen Pufendorfs und Kelsen in ihrem Unterschiede erkennbar zeigen, ist die Lehre von der „juristischen Person". Pufendorf ordnet sie den „entia moralia" zu. Hier haben sie ihren Platz und zwar mit aller Relativität, die den „entia moralia" schon von ihrer Konstruktion her zukommt. Kelsen hingegen lehnt Personifikationen in diesem Bereich der Sinnsphäre ab und bemuht sich um eine Reduktion der juristischen Personen auf „Nornien“. Nach ihm sind die juristischen Personen „die personifizierte Einheit der ein und denselben 144 “ RRL 3. 12 RRL 4. 1* RRL 55 f.
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