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PUFENDORF UND FiNNLAND 91 gleich in diesen Vorlesungen der Einfluss neuerer Naturrechtslehrer wie Thomasius, Wolff und Montesquieu viel grosser ist. Mit dem Zerfall des Naturrechts und besonders mit der Rezeption der historischen Schule und der Begriffsjurisprudenz um die Mitte des 19. Jahrhunderts gerieten aber die Werke Pufendorfs in Vergessenheit, eine Vergessenheit, die in diesem Jahrhundert fast vollständig wurde.^ Man darf wohl sagen, dass diegesetzespositivistische Einstellung auch in den Lehrbiichern der Rechtsgeschichte merkbar gewesen ist, da die Lehrbiicher sich einseitig auf die Geschichte der Gesetzgebung konzentrierten. Obgleich Pufendorfs Name und sein Hauptwerk „De jure naturae et gentium"' imVoriibergehen erwähnt wurden —in dem meist gebrauchten Lehrbuch wurde dem ganzen Naturrecht nur eine drittel Seite gewidmet^ —möchte ich behaupten, dass noch vor zehn Jahren von den Studenten, den praktisch tätigen Juristen und wahrscheinlich auch von den Rechtswissenschaftlern iiber 99 ®/o nicht den Namen Pufendorfs kannten, geschweige denn eine Vorstellung von seiner Bedeutung batten. Seit der Mitte der siebziger Jahre hat sich die Lage geändert. Die Ursache ist nicht eine Wiedergeburt des Naturrechts, weil es in Finnland eine solche nicht gibt. Es ist ausserdem klar, dass eine solche Wiederkehr nicht unbedingt eine Pufendorf-Renaissance zur Folge hätte, weil auch in einer heutigen Naturrechtslehre Pufendorfs Werke nur eine rechtsgeschichtliche Bedeutung habcn könnten. Die Ehrenrettung Pufendorfs oder eigentlich seine Rettung aus der Vergessenheit ist deshalb von Zwei Faktoren abhängig: 1. die allgemeine Studienreform^ und 2. das zunehmende Interesse an der Rechtsgeschichte und besonders an der Ideengeschichte. Dieses Interesse ist stark namentlich in der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Turku, wo man sogar von einer historischen Schule gesprochen hat.® Diese Faktoren haben zusammen dazu beigetragen, dass der Unterricht in der Geschichte der Rechtswissenschaft beträchtlich erweitert worden ist. “ Das Fortleben einiger naturrechtlichen Ziige in der finnischen Rechtswissenschaft im späten 19. Jahrhundert rettete nicht Pufendorf vor der Vergessenheit, weil diesc (recht bescheidene) Naturrechtslehre auf das zeitnössische Naturrecht gerichtet war, z.B. wurde in der rechtswissenschaftlichen fakultät der Universität Helsinki (bis zum Jahre 1828 die Universität Turku) Heinrich Ahrens’ ^Naturrecht oder Philosophic des Rechts and des Staates"' als Lehrbuch benutzt, siehe Urpo Kangas, Om uppkomst och förmedling av lärdomstraditioner. Uppsalaskolan —och efteråt, Uppsala 1978, S. 85 f. Siehe Ragnar Hemmer, Suomen oikeushistorian oppikirja. (Lehrbuch der finnischen Rechtsgeschichte), Porvoo 1968, S. 48. ^ Asetus Oikeustieteellisistä tutkinnoista (Verordnung iiber die juristischen Examina) 18.10.1974/802, in Kraft am 1. August 1977. ® Hannu Klami, Suomen oikeustiedettä 1900-luvulla. (English Summary: Legal Science in Finland in the 20Hi Century), Turku 1981, S. 95 und 110.

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