PUFENDORF UND DÄNEMARK 83 seine Gegenschrift. Pufendorf findet eigentlich elne Erwiderung unnötig, diejenigen aber, die die Schriften von Rosenkrantz noch nicht kennen, möchte er imVorwort raten keine Zeit mit dem lesen zu verlieren, sondern sie, wenn sie den Namen Rosenkrantz darauf sehen, lieber sofort wegzuwerfen „inter cloacae supellectilem ea disponent“. Scherzen ist aber nicht genug, findet er. Weder lässt sich der Esel mit leichtem Peitschen bezwingen, noch Gundaeus mit mildem Scherz. Nach dieser Einfuhrung erwartet der Leser kaum, dass Pufendorf den Ansichten von Rosenkrantz zustimmt. Man kann diese Schrift von Pufendorf unter verschiedenen Gesichtspunkten lesen. Als Thesaurus lateinischer Schimpfwörter scheint sie fast uniibertreffbar. Interessanter ist aber vielleicht, dass wir hier eine Stellungnahme Pufendorfs zu zwei wichtigen Fragen der Zeit finden. Die eine Frage ist politisch: Wer war daran schuld, dass die Feindseligkeiten zwischen Dänemark und Schweden, die mit dem Friedensschluss in Roskilde 1658 beendet schienen, durch den schwedischen Angriff im Herbst 1658 doch wieder aufgenommen wurden. Pufendorf steht hier auf dem schwedischen Standpunkt ohne Riicksicht auf Meinungsverschiedenheiten. Die zweite Frage ist juristisch und fur einen Naturrechtler weniger zweifelhaft als die erste: Inwieweit sind Staaten verpflichtet die Unkränkbarkeit der Gesandten eines fremden Landes zu respektieren. Hier befinden sich Pufendorf und sein Gegner auf verschiedenen Ebenen. Der Naturrechtler verteidigt die allgemeinen Prinzipien gegeniiber dem Versuch der Rechtfertigung einer offcnen Verletzung dieser Prinzipien. Die politische Situation, die zu diesem Streit iiber die rechtliche Stellung der Gesandten Anlass gab, war folgende: In einem von dänischer Seite 1657 provozierten Krieg war die Danische Verteidung von der Schlagkraft und Handlungsfahigkeit des schwedischen Königs Karl Gustavs X. iiberrascht worden, und als es diesem gelang, seine Streitkraftc mit Hilfe des strengen Winters iiber das Eis von Jutland nach Seeland zu fiihren, brach der danische Verteidigungswille zusammen, und die Schweden konnten Dänemark harte Friedensbedingungen diktieren. Die schwedischen Bedingungen waren umfassend und gaben zu verschiedenen Auslegungsfragen Anlass, die zu Verzögerungen fuhrten. Ganz abgebrochen wurden die Verhandlungen, als Karl Gustav noch im selben Jahr einen Uberraschungsangriff auf Seeland vornahm. Diesmal wollten die Dänen sich aber verteidigen, und Kopenhagen konnte einer schwedischen Belagerung erfolgreich widerstehen. Während der Belagerung wurde —wie schon erwähnt — einer der schwedischen Friedensunterhandler, Bielke festgenommen, wahrend der andere, Coyet, heimgereist war und deshalb einen ahnlichen Schicksal entging.^ Zur Begriindung der Festnahme berief sich Rosenkrantz •* Vgl. L. Kricger: The Politics of Discretion (1965), S. 17 f.
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