362 Richter ergriffen worden waren, die versucht hatten, durch Peinigungen Geständnisse herbeizufiihren. Die Zahl der Bekenntnisgefangenen war wohl nie besonders grofi, aber diejenigen, die diese Behandlung iiber sich ergehen lassen mufiten, mufiten in mehreren Fallen während langer Zeit leiden — was viele Juristen und Reichstagsmitglieder als Folter bezeichneten. 1868 gelang es den Reformfreunden eine Gesetzesänderung zum erschwerten Gefängnis herbeizufiihren: Die entsprechenden Bestimmungen wurden aufgehoben. Im folgenden Jahr wurde dann auch der letzte Bekenntnisgefangene entlassen. Das Institut der absolutio ab instantia iiberlebte aber noch bis 1934. 5.3.2.5. Confessio expressa — ausdriickliches Geständnis Ein Qualitätserfordernis, das von der Rechtswissenschaft im 19. Jahrhundert ausfiihrlich behandelt worden ist, war die Forderung, ein Geständnis miisse laut und deutlich ausgesprochen worden sein, um als voller Beweis gelten zu können. Es ging dabei umdie Frage, ob man ein sogenanntes stillschweigendes Anerkenntnis oder Geständnis, tacita confessio, als vollen Beweis akzeptieren könne. Die iiberwiegende Zahl der Rechtswissenschaftler meinte, ein stillschweigendes Anerkenntnis könne in einer Zivilsache nicht voile Beweiskraft zuerkannt werden. Es wurde jedoch unterstrichen, dal? das pflichtwidrige Unterlassen einer Partei, auf Fragen des Gerichts zu antworten, ein stillschweigendes Anerkenntnis darstellte; aber dennoch war ein solches Anerkenntnis etwas anderes und weniger bindend als ein ausdriickliches Geständnis. Die zweite Prozefirechtsreformkommission, processlagberedningen, die die Einfiihrung der freien Beweiswiirdigung empfahl, meinte, das Gericht miisse frei priifen können, wann unterlassenes Bestreiten als Geständnis gelten könne. Fiir Strafsachen äufierten sich Rechtswissenschaftler und Gesetzgeber nur sehr vorsichtig zur Frage, inwieweit ein stillschweigendes Geständnis als voller Beweis akzeptiert werden könnte. Ein stillschweigendes Geständnis in Strafsachen war dem Gesetz unbekannt. Nach Lindblad konnte das Verhalten oder Schweigen eines Angeklagten zwar ein Indiz gegen ihn sein aber nicht mehr. Kreiiger meinte jedoch, es gebe ein stillschweigendes Geständnis, dem voile Beweiskraft zuerkannt werden miisse. Ein solches stillschweigendes Geständnis war das Unterlassen einer Partei, einen vorgeschriebenen Eid zu leisten. Andererseits könne das Unterlassen eines Angeklagten, auf Fragen zu antworten, nicht als stillschweigendes Geständnis aufgefafit werden. Wenn der Angeklagte gestellte Fragen nicht beantwortete, mufite das Gericht entscheiden, welcher Beweiswert diesemUnterlassen zuzumessen war. Die schon erwähnte zweite Prozel?rechtskommission meinte, das Unterlassen einer Partei, vor Gericht zu erscheinen oder gestellte Fragen zu beantworten, könne nicht ohne weiteres als Geständnis des Sachverhaltselements gelten, um das es ging. Unterlassenes Erscheinen oder Antwortverweigerung miisse vom Gericht nach den Prinzipien der freien Beweiswiirdigung beurteilt werden.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=