358 torischen Prozesses und den Freibeweis. Diese Vorschläge trafen auf barren Widerstand konservativer Richter und Universitätslehrer und auch konservativer Reichstagsmitglieder. Verwirklicht wurden die Gesetzgebungsvorschlage deshalb nicht, aber in der Rechtsprechung begann man schon in den dreifiiger Jahren des 19. Jahrhunderts in Strafsachen wegen weniger schwerer Delikte mit der freien Beweiswiirdigung, und 1871 ging der Oberste Gerichtshof so weit, dafi man einen wegen Mordes Angeklagten gegen sein Leugnen und nur auf Grund von Indizien verurteilte. Bemerkenswert ist jedoch, daft der Oberste Gerichtshof den Täter nicht auch zumTode verurteilte. Statt dessen folgte der Gerichtshof kontinentalen Rechtsgrundsätzen und verhängte eine lebenslängliche Zuchthausstrafe. Erst 1910 verurteilte der Oberste Gerichtshof einen wegen Raubmordes Angeklagten nur auf Grund von Indizien zumTode. Auch Vertreter der rechtswissenschaftlichen Lehre sprachen sich fiir den Freibeweis und eine Prozefireformaus und informierten gleichzeitig iiber ausländische Lehren und Gesetzgebungsarbeiten auf dem Gebiet des Prozefirechts. In den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts griff man den Gedanken einer umfassenden Revision des Gesetzbuches von 1734 wieder auf und setzte ein neues Komitee zur Erarbeitung von entsprechenden Vorschlägen ein. Wiederum folgte eine lange Debatte, inwieweit eine Prozeftrechtsreform erforderlich sei. Mehrere Komiteeberichte, Gesetzentwiirfe und Stellungnahmen wurden veröffentlicht und das Thema wiederholt vomReichstag behandelt; Ergebnisse gab es jedoch nicht. Erst die Arbeiten einer 1911 eingesetzte Kommission, der Prozef^kommission, brachten Erfolg. Sie legte 1926 einen Entwurf zur Einfiihrung des akkusatorischen Prozesses und der freien Beweiswtirdigung vor. Dieser Entwurf wurde dann iiberarbeitet und fiihrte 1942 zur Annahme eines neuen Prozefigesetzes, rättegångsbalk, das sowohl den akkusatorischen Prozefi als auch freie Beweiswiirdigung einfiihrte. 5.3. Natur, Funktion und Beweiswert des Gestandnisses im schwedischen Prozejlrecht 1809—1948 5.3.1. Natur, Funktion und Beweiswert des Geständnisses nach Gesetzentwiirfen, Gesetzen, Rechtslehre und Rechtsprechung Die Fragen nach Natur, Funktion und Beweiswert des Geständnisses in Zivilund Strafsachen war auch während des in diesem Kapitel behandelten Zeitabschnitts äufierst aktuell. ImGesetzbuch von 1734 wurde nicht zwischen Geständnissen in Zivil- und Strafsachen bzw. in Zivil- und Strafprozessen unterschieden. In beiden Prozefiformen scheint man das Geständnis als ein Beweismittel aufgefafit zu haben. Während des 19. Jahrhunderts wurde jedoch zunehmend deutlich, dal? Unterschiede zwischen Natur, Funktion und Beweiswert des Geständnisses einerseits in Zivilsachen und andererseits in Strafsachen gemacht wurden.
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