357 auf das Gesellschaftsleben ist auf verschiedenen Gebieten des Rechts erkennbar. Trotz dieser Säkularisierung ist jedoch deutlich, dafi die Gerichte im 19. Jahrhundert sich immer noch auf die Geistlichkeit stiitzten, urn von Angeklagten in Strafsachen ein Geständnis zu erhalten. Ganz besonders deutlich wurde dieser Umstand hinsichtlich jener Beschuldigten, die man ohne Verurteilung in der Hoffnung gefangengesetzt hatte, sie wiirden im Laufe der Zeit ein Geständnis ablegen. Diese Gefangenen wurden bekännelsefångar, Bekenntnisgefangene genannt. — Vermerkt sei auch, dafi man bis in das 20. Jahrhundert hinein verlangte, dafi derjenige, der einen Reinigungseid ablegen mul^te, vor der Eidesleistung von seinemSeelsorger in der christlichen Lehre insbesondere von Gewicht und Bedeutung des Hides belehrt werden mufite. Gelegentlich wurde verlangt, daft auch derjenige, der vor Gericht einen gewöhnlichen Zeugeneid zu leisten hatte, von seinem Pfarrer zu unterrichten war. Nach 1917 wurde es gebräuchlich, von Frauen in Vaterschaftssachen einen Klägereid zu verlangen, und es kam vor, dafi einer Frau auferlegt wurde, vor der Hidesleistung einen Pfarrer zur Belehrung aufzusuchen. 5.2. Die Entwicklung der Gerichtsverfassnng und des Prozesses in Schweden 1809-1948. Der IJhergang vominquisitorischen Gerichtsverfahren und der Beweisbewertung nach Legalregeln zumakkusatorischen Prozejl und derfreien Beweiswurdigung Fiir den Obersten Gerichtshof wurde 1809 die Reform durchgefiihrt, dal? die richterlichen Mitglieder unabsetzbar wurden und den Titel justitieråd,]\isx\zr3iX. erhielten. Zur Gerichtsverfassung sei im iibrigen vermerkt, dal? 1820, 1935 und 1948 vier neue Hofgerichte eingerichtet wurden. Weiter wurden in dieser Zeit zuerst die Kämmereigerichte und Lagmansgerichte sowie gewisse Sondergerichtsbarkeiten abgeschafft und dann wieder eine Reihe von speziellen Gerichten neu eingerichtet. Das Verfahren und der Beweis in Zivil- und Strafsachen wurde während der hier behandelten Zeit Gegenstand umfassender gesetzgeberischer Vorarbeiten und Erörterungen. Schon 1811 wurde ein Komitee eingesetzt, das eine Gesamtrevision des Gesetzbuches von 1734 durchfiihren sollte. Das war ein Reformprogramm ganz im Geiste der Zeit, das sich jedoch bald als praktisch undurchfuhrbar erwies. Das Komitee erarbeitete umfassende Vorschläge zur Reform der Zivil- und Kriminalgesetzgebung 1826 und 1832 auch zur Reform des Zivil- und Strafprozesses. Inspiriert waren die Vorschläge durch französische und deutsche Gesetzgebung und Lehre und im iibrigen beeinflul?t durch die Ideen des Liberalismus. Anfänglich hielt das Komitee noch an den Beweisvorstellungen der legalen Beweistheorie fest, kritisierte sie aber zugleich. 1832 empfahl das Komitee dann jedoch fur Strafsachen die Einfiihrung des akkusa-
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