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356 5.1.2. Ideologische und kulturelle Strömungen Zu Beginn war das schwedische Geistesleben in vielen Bereichen noch immer unter dem Einflufi der Naturrechtsphilosophie und der Ideen der Aufklärung und der Physiokratie. Sichtbar wurde dieser Einflufi u. a. in den Arbeiten, die in die Verfassungsgesetze der Jahre 1809 bis 1812 ausmiindeten. Neue Ideen drangen aber bald durch und beeinflufiten die politische und wissenschaftliche Debatte. Vor allemwaren es Vertreter des Liberalismus und —ungefähr gleichzeitig - der Historischen Schule, deren Ideen sich iiber groI5e Teile Europas und damit auch Schweden verbreiteten. Der Liberalismus griindete sich in grofiemUmfang auf die Ideen der Aufklärung und der Französischen Revolution und msbesondere das Freiheitsprinzip, weniger auf die Prinzipien der Gleichheit und Briiderlichkeit. Auf wirtschaftlichem Gebiet war AdamSmith einer der Protagonisten. Der Liberalismus kämpfte fiir die Freiheit des Individuums auf alien Gebieten, nicht nur auf dem der Wirtschaft. Die Historische Schule ging von Nationalismus und Konservatismus aus, die nach dem Ende der Napoleonischen Kriege wie eine Woge iiber Europa spiilten. Im Bereich des Rechts war Friedrich Carl von Savigny die fiihrende Gestalt. Neben Liberalismus und der Historischen Schule gelang in Schweden gegen Ende des 19. Jahrhunderts dem Sozialismus als einer weiteren ideologischen Bewegung, die in den Industrieländern des europäischen Kontinents herangewachsen war, der Durchbruch. Diese ideologischen Strömungen beeinflu£ten alle auf unterschiedliche Weise die Rechtsentwicklung in Schweden. 5.1.3. Die religiöse Lage Der Vernunftsglauben der Aufklärung beeinflufite das religiöse Denken und das kirchliche Leben zu Beginn des 19. Jahrhunderts; die Folge war eine Schwächung des Instituts der Beichte und Bufie. EinigeJahrzehnte später entstanden dann religiöse Erweckungsbewegungen in verschiedenen Gegenden Schwedens. Fiir diese Kreise erhielten Beichte und Bul^e eine hervorragende Rolle. Ebenso war es in den freikirchlichen Gemeinden, die sich nach der Mitte des 19. Jahrhunderts in Schweden bildeten. Trotz der Aktivitäten dieser Erweckungsbewegungen und freikirchlichen Gemeinden nahm im 19. Jahrhundert der Einflufi der Kirche und der christlichen Religion auf das Gesellschaftsleben allmählich ab. U. a. traten Menschengruppen auf, die nicht an Gott glaubten und deshalb nicht der Kirche angehören und nicht am Leben der christlichen Kirche teilnehmen wollten. Im20. Jahrhundert beschleunigte sich dann dieser Säkularisierungsprozefi der schwedischen Gesellschaft, der im 18. Jahrhundert begonnen hatte. 1951 fiihrte diese Entwicklung zum Erlals eines Religionsfreiheitsgesetzes. Der Säkularisierungsprozels und die Verrmgerung des kirchlichen Einflusses

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