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354 geregelt wurde das Verfahren durch einen königlichen Brief vom 22. März 1803. Gerichtsakten aus dem 18. Jahrhundert zeigen jedoch, dal5 die Gerichte in der Regel keine Gewalt anwendeten, urn Geständnisse zu erzwingen. Nur bei schweren Straftaten, die mit dem Tode oder mit einer Strafe unmittelbar unter der Todesstrafe bedroht waren, in welchen ein Reinigungseid nicht zulässig war und in welchen imiibrigen mehr als halber Beweis gegen den Verdächtigen vorlag, scheuten die Gerichte nicht davor zuriick, erschwertes Gefängnis oder „Gefangensetzung bis zum Bekenntnis“ in einem Gefängnis oder einer Festung zu verhangen. 4.4.2.5.Confessio expressa — ausdriickliches Geständnis Als fiinftes Qualitätserfordernis fiir die Akzeptanz eines Geständnisses als vollen Beweis wurde verlangt, der Confitent miisse sein Geständnis ausdriicklich, expressis verbis gemacht haben. Der Gegensatz zur confessio expressa, dem mit Worten ausgedriickten Geständnis, ist die confessio tacita, das stillschweigende Geständnis, das nach Nehrman-Ehrenstråhle darin bestehen kann, dal? das Verhalten einer Person — etwa die Flucht eines Angeklagten - als Geständnis aufgefal?t wird. Ein stillschweigendes Geständnis gilt allerdings nach Nehrman-Ehrenstråhle nicht als voller Beweis, sondern nur als Beweis mit noch geringeremWert. 4.4.2.6.Confessio contra se — Geständnis zumNachteil des Confitenten Im Gesetzbuch von 1734 wird nicht ausdriicklich gesagt, dal? das Geständnis zum Nachteil des Confitenten sein miisse, um vollen Beweiswert haben zu können. Indirekt kann man jedoch schliel?en, dal? der Gesetzgeber diese Regelung treffen wollte. 4.4.2.7.Wahrscheinlichkeit des Gestandenen Als siebtes Qualitätserfordernis fiir die Bewertung eines Geständnisses als vollen Beweis gait, dal? das Geständnis wahrscheinlich sein mul?te. Dieses Erfordernis wurde imGesetzbuch von 1734 durch Vorschriften unterstrichen, dal? Geständnisse in Strafsachen wegen schwcrer Delikte von sonstigen Umständen bestätigt werden mul?ten. Diese Qualitätserfordernisse stimmten weitgehend iiberein mit den Qualitätserfordernissen, die in der kontinentaleuropäischen Lehre formuliert worden waren. 4.4.3. Möglichkeite der Riicknahme oder Anderung eines Geständnisses Im Prinzip hatte derjenige, der ein freiwilliges, klares Geständnis abgegeben hatte, keine Möglichkeit der Riicknahme. Er durfte jedoch sein Geständnis erklären und verdeutlichen.

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