352 geringer, wenn zu erkennen war, dai? das Geständnis dem Confitenten zum Vorteil gereichte. Es kam sogar vor, da£ Personen schwere Straftaten gestanden, umzumTode verurteilt zu werden. Sie wollten sterben; aber weil Selbstmord eine ernste Siinde war, wollten sie die Verantwortung fiir den Tod auf den Staat abwälzen. Weiter gab es Personen, die fälschlicherweise behaupteten, Unzucht begången zu haben, um auf diese Weise von ihrem Ehegatten freizukommen. Sowohl nach dem Kirchengesetz von 1686 als auch nach einer königlichen Bekanntmachung von 1798 sollte ein eigenes Geständnis begangener Unzucht nicht als voller Beweis akzeptiert werden. 4.4.2. Rechtliche Qualitätsanforderungen an das Geständnis als Beweismittel sowie Rechtsfolgen eines abgegebenen Geständnisses 4.4.2.1. Confessio iudicialis et confessio extraiudicialis Nach dem Gesetzbuch von 1734 mufite ein Geständnis vor Gericht abgegeben werden, wenn ihm voller Beweiswert zukommen sollte. Nach NehrmanEhrenstråhle konnte jedoch auch einem aufiergerichtlichen Geständnis, einer confessio extraiudicialis, voller Beweiswert zukommen, wenn es klar, deutlich, voll freiwillig und mit Bedacht abgegeben war. Zu solchen aufiergerichtlichen Geständnissen, die voll beweiskräftig sein sollten, zählte Nehrman-Ehrenstråhle auch Geständnisse auf dem Totenbett und Geständnisse in Schriftform wie beispielsweise in Testamenten. In der Rechtsprechung akzeptierte man oft auch Geständnisse, die auf^ergerichtlich aber vor einem oder zwei Schöffen abgegeben worden waren. In Strafsachen sollte der Angeklagte nach demGesetzbuch von 1734 persönlich vor Gericht erscheinen. Auch die Lehre forderte in Strafsachen die confessio iudicialis, wenn sie vollen Beweiswert haben sollte. Nach einemköniglichen Brief von 1778 wurde jedoch Frauen, die des aufierehelichen Beischlafs beschuldigt wurden, die schriftliche Einlassung auf die Anklage gestattet. Ein aul^ergerichtliches Geständnis wurde in Strafsachen von der Lehre als halber Beweis angesehen. Nehrman-Ehrenstråhle meinte, man miisse auch Geständnissen Sterbender und Gebährender besonderes Gewicht zuerkennen, selbst wenn sie aul^ergerichtlich abgegeben seien. Die Rechtsprechung neigte ebenfalls dazu, einem Geständnis auf dem Totenbett und einem Geständnis einer Frau während der Geburt grol^en, wenn auch nicht entscheidenden Beweiswert zuzuerkennen. Es kamweiter vor, dal? man Straftätern, die unmittelbar vor ihrer Hinrichtung standen, unter Mitwirkung von Geistlichen dazu zu bewegen versuchte, anzugeben, ob einer oder mehrere andere Verdächtige schuldig waren. In der Praxis liel? man es wie schon friiher entgegen den gesetzlichen Bestimmungen iiber persönliches Erscheinen des Angeklagten in Strafsachen zu, dal? der Angeklagte bei leichteren Delikten nicht vor Gericht erschien. Er konnte oft sein Geständnis aul?ergerichtlich abgeben.
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