350 König zu wenden. Der König und der königliche Rat konnten in letzter und höchster Instanz entscheiden. Der Teil des Rates, der derartige Justizsachen bearbeitete, wurdeJustizrevision genannt. Als die Macht nach dem Tode Karls XII. auf den Reichstag iiberging, zogen die Mitglieder des Reichstages auch die Justizsachen des Königs bzw. Rates an sich. Durch den ersten Staatsstreich Gustafs III. von 1772 gingen die einschlägigen Machtbefugnisse an den König und Rat zuriick und die Gerichtsbarkeit des Reichstages wurde abgeschafft. Als Gustaf III. dann 1789 durch seinen zweiten Staatsstreich den königlichen Rat abschaffte, verschwand mit diesemauch dieJustizrevision. In dieser Situation richtete Gustaf III. eine neue höchstrichterliche Instanz ein, den Obersten Gerichtshof des Königs. Als vorbereitende und vortragende Instanz biidete und behielt man aus Teilen der Kanzlei des Rates die „NiedereJustizrevision". Der Instanzenzug in der Gerichtsorganisation wurde durch Vorschriften im Gesetz von 1734 geregelt. Auf dem Land war das Häradsgericht, häradsrätten, die erste Instanz, das in der Besetzung mit dem Richter, häradshövding, und normalerweise zwölf, mindestens aber sieben Bauern als Schöffen urteilte. Als zweite Instanz in Zivilsachen urteilte das Lagmansgericht, lagmansrätten, in der Besetzung mit dem lagman als Richter und zwölf, mindestens aber sieben Schöffen. Das Lagmansgericht war auch zuständig fiir die Aburteilung geringfiigiger Straftaten. Fiir alle iibrigen Strafsachen war das Hofgericht die zweite Instanz. In den Städten waren die Kämmereigerichte, kämnärsrätterna, die niedrigste Instanz, die in einfacheren Sachen entschied. Die zweite Instanz waren die Ratsgerichte, rådhusrätterna, die auch als erste Instanz in gewichtigeren Sachen urteilten. ZumVerfahren im 18. Jahrhundert kann man notieren, dafi das Gesetzbuch von 1734 dem Kläger vor den Härads-, Kämmerei- und Lagmansgerichten in der Regel die miindliche Verhandlung vorschrieb; verlangte es die Bedeutung und Weitläufigkeit der Sache, konnte man statt dessen die Schriftformwählen. In der Praxis dominierte die Miindlichkeit an den Härads- und Kämmereigerichten, während sich an den iibrigen Gerichten die Schriftlichkeit ausbreitete. Bei den Hofgerichten und beim Obersten Gerichtshof wurden schnftliche Verfahren völlig dominierend. Das Verfahren in Strafsachen war inquisitorisch, wenn auch mit akkusatorischen Formen. So war beispielsweise der Ankläger nicht Mitglied des Genchts sondern freier Gegner des Angeklagten. 4.3. Die Rezeption der legalen Beweistheorie In der juristischen Literatur, die nach dem Zustandekommen des Gesetzbuches von 1734 veröffentlicht wurde, findet man deutliche Einfliisse von Prinzipien der legalen Beweistheorie und ausländischen Lehren. Die Rezeption der Prinzipien der legalen Beweistheorie kommt auch zum
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