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338 durch Stellvertreter mufi man zwischen gesetzlicher und gewillkurter Stellvertretung unterscheiden. Da Unmiindige nicht prozefifähig waren, konnten sie nach dem Gesetz nicht persönlich, sondern nur durch Stellvertreter vor Gericht auftreten. In der Rechtsprechung kam es jedoch immer häufiger vor, daft auch Unmundige wie Frauen und Minderjährige sowie sogar Geisteskranke wegen Straftaten vor Gericht erscheinen mufiten, welcher sie verdächtigt wurden. Das fiihrte schliefilich dazu, dafi man im Gesetzbuch von 1734 vorschrieb, in Strafprozessen miisse jeder fiir sich selbst auftreten. In weniger schweren Strafsachen liefi die Rechtsprechung jedoch zu, dal^ der Angeklagte ein Geständnis durch einen bevollmächtigten Stellvertreter abgab. Der aufierordentliche Professor der Rechtswissenschaft an der Universität Uppsala Petrus Castovius meinte im iibrigen zu Beginn des 18. Jahrhunderts, man könne diese Rechtsprechung akzeptieren. In Zivilsachen liefi man Stellvertretung zu; eine Ausnahme gait jedoch fiir Ehesachen. 2.4.2.5. Möglichkeiten der Riicknahme oder Änderung eines Geständnisses Hinsichtlich der Rechtsfolgen von Geständnissen ist schon gesagt worden, dafi in der Literatur unter Hinweis auf Vorschriften in Kristoffers Landrecht behauptet worden ist, man diirfe sein Vorbringen von einem Prozefi zum anderen nicht ändern. Allerdings durfte eine Partei ihre Worte berichtigen, wenn sie sich zufällig falsch ausgedriickt hatte. Sie durfte auch ihr Geständnis erläutern. In der Rechtsprechung folgte man in der Regel den Vorschriften des Gesetzes, aber man findet auch Beispiele, da£ Angeklagte, die die Folter fiirchteten, Taten gestanden, deren Begehung sie später leugneten. Auch in Hexenprozessen findet man Beispiele dafiir, daft Parteien ihre Einlassung und ihr Geständnis von der einen Verhandlung zur anderen ändern. 2.4.2.6. Appellationsmöglichkeiten nach Geständnis Zur Frage der Appellation nach abgegebenem Geständnis kann man feststellen, dafi in Zivilsachen das Rechtsmittel der Berufung an ein höheres Gericht zulässig war. Fiir Strafsachen wurde in der ProzeEverordnung von 1614 vorgeschrieben, der Richter erster Instanz habe dem Hofgericht alle Leibes- und Hochverratssachen vorzulegen; ausgenommen waren jedoch bestimmte sehr schwere Verbrechen, bei welchen eine Begnadigung nicht vorkommen konnte, ohne den Zorn Gottes und bei den Menschen Anstol? zu erregen. In anderen Strafsachen konnte man nach 1615 beim Hofgericht Beschwerde, querela, einlegen und danach sich im Wege der weiteren Beschwerde an den König wenden. 1682 und 1703 wurden Bestimmungen erlassen, daB auch jene Personen, die Straftaten begången hatten, fiir die nach dem ProzeBgesetz von 1615 keine Möglichkeit der Anrufung des Königs bestand, eine solche Möglichkeit erhalten sollten, wenn sie entsprechende Griinde hatten.

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