333 Durch die iiberwachende Tätigkeit der Hofgerichte wurde u. a. ein einheitlicher Gerichtsgebrauch und eine einheitliche Rechtsprechung in Schweden eingefiihrt. Das Verfahren in Zivilprozessen war 1614—1734 in der Regel miindlich. An den Hofgerichten und den Rathausgerichten der gröl^eren Städte ging man dagegen immer mehr zum schriftlichen Verfahren iiber, was dazu fiihrte, dafi man in gewissemUmfang von der Untersuchungsmethode mit materieller Prozefileitung abriickte, die man beim mundlichen Verfahren anzuwenden pflegte, und dafi man zumVerhandlungsprozefi iiberging. Fiir die Hofgerichte bedeutete die Einfiihrung des schriftlichen Prozesses, dafi sich das schwedische Prozel^wesen immer mehr dem deutsch-römischen Prozefi annäherte. Der Prozefi der Gerichte erster Instanz wurde durch die Prozeftverordnung, rättegangsförordning, vom 4. Juli 1695 geregelt. Aus ihr ergibt sich, dal? man unter dem wesentlichen Eindruck der deutschen ProzeEordnungen jener Zeit stand. Insbesondere war es das Eventualprinzip des deutschen Zivilprozesses, das in der schwedischen Verordnungwiederkehrt. Der Strafprozefi wurde zunehmend inquisitorisch. Zwar kann man sagen, daE der Prozefi der Form nach in der Regel akkusatorisch war und dafi ein öffentlicher oder privater Ankläger die Anklage vertrat; in der Praxis wurde aber insoweit zunehmend inquisitorisch verfahren, als der Richter die Vernehmung und Untersuchung fiihrte. Kennzeichnend fur den Prozefi war weiter ein allmählicher Ubergang vom Eideshelferprozel^ mit formaler Beweisbewertung zum Schöffenprozefi mit materieller Beweiswiirdigung. 2.3. Die Rezeption der legalen Beweistheorie Von gröBter Bedeutung fiir die Entwicklung des Geständnisses war die Rezeption der legalen Beweistheorie. Man kann diese Rezeption in Gesetzentwiirfen und Gesetzen, in der juristischen Literatur und imAktenmaterial der schwedischen Gerichte verfolgen. Als Beispiel kann der Gesetzentwurf genannt werden, der von der zweiten Gesetzgebungskommission imJahr 1643 vorgelegt wurde. Hier findet man die Abstufung der Beweismittel, wie sie die legale Beweistheorie vertrat. U. a. ergibt sich aus dem Entwurf, daB in Zivilprozessen das eigene Geständnis, schriftliche Urkunden sowie zwei oder drei glaubwiirdige Zeugen vollen Beweis erbrachten. In Strafprozessen wurden das eigene Geständnis, Diebesgut, das zumDieb fiihrte, sowie zwei oder mehr glaubwiirdige Zeugen als voller Beweis angesehen. Andere Beispiele, die zeigen, daB man in Schweden zur Rezeption der Prinzipien der legalen Beweistheorie bereit war, waren die Gesetzentwiirfe, die von der Gesetzeskommission 1686 vorgelegt wurden und schliel^lich zum Gesetzbuch von 1734 fiihrten. Im Gesetzentwurf von 1723 war man nicht abweisend gegeniiber der Zulassung der Folter als Mittel zur Erpressung eines Geständnisses. Und schlielSlich
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