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332 scheint funktioniert zu haben, ohne daft man je gegen die Ausnutzungder seelsorgerischen Arbeit der Kirche durch weltliche Gerichte reagierte. Kirche und Staat waren eine Einheit unter der Oberhoheit des Königs, wenn es darum ging, Geständnisse zu erzwingen sowie Straftäter und Sunder abzustrafen. Ganz auf einer Linie mit den oben erwähnten Ermahnungen der Richter an die Angeklagten, im Hinblick auf die Seligkeit der Seele ein Geständnis abzulegen, sind auch die Erinnerungen an den ernsten Inhalt des Eides. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts engagierten sich bestimmte Kirchenvertreter mit Eifer fiir eine religiöse Erneuerung auf orthodoxer Grundlage. Sie waren Vorboten des Pietismus, den schwedische Studenten in den neunziger Jahren des 17. Jahrhunderts in Halle kennenlernten. Der Pietismus fand bald grofie Verbreitung in Schweden. Die orthodoxe Kirchenleitung empfand ihn als religiöse Gefahr und erzwang 1726 ein Verbot gegen alle privaten Gottesdienste, das sogenannte Konventikelplakat. Der Pietismus konnte jedoch nicht aufgehalten werden. Er verbreitete sich und löste eine religiöse Erweckungsbewegung aus. Durch diese neue innerliche Frömmigkeit und ihre Zentrierung auf die Seligkeitsfrage des Einzelnen trug der Pietismus ohne Zweifel zu einer ernsthafteren Auffassung auch des Geständnisses bei. 2.2. Die Entwicklung der schwedischen Gerichtsverfassung und des schwedischen Prozesses 1614—1734 Die schwedische Gerichtsverfassung wurde insoweit im 17. Jahrhundert grundlegend geändert, als mehrere Hofgerichte eingerichtet wurden. Durch ihr Zustandekommen wurde zum ersten Mai eine feste Instanzenordnung im schwedischen Prozefirecht eingefiihrt. Die Inspiration zu dieser Reform kam aus dem deutsch-römischen Recht. 1614 wurde in Stockholm ein Hofgericht gegriindet, das später Svea Hofgericht genannt wurde, 1623 dann ein Hofgericht in Åbo, dessen Sprengel ganz Finnland umfallte, 1630 weiter ein Hofgericht in Dorpat fur Livland und Ingermanland mit Ausnahme der Städte Riga und Narv'a und schliefilich 1634 ein weiteres Hofgericht inJönköping, das später Göta Hofgericht genannt wurde und dessen Sprengel ganz Götaland ausmachte. Der Sprengel des Svea Hofgerichts nach 1634 umfaf^te Svealand und Norrland sowie die Städte Narva, Reval und Riga. Nach 1645 kamen noch Gotland, Jämtland und Härjedalen hinzu. Fur die deutschen Provinzen, die durch den Westfälischen Frieden 1648 an Schweden gekommen w'aren, wurde in Greifswald ein Hofgericht eingerichtet und ein Tribunal in Wismar. Diese Gerichte waren jedoch nicht ganz vergleichbar mit den schwedischen Hofgerichten. Im 17. Jahrhundert wurden aufier diesen Hofgerichten noch eine Reihe von besonderen Gerichten eingerichtet. Die geistliche Gerichtsbarkeit wurde von den Domkapiteln ausgeiibt.

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