RB 50

321 Konnte man den vollen Beweis nicht fiihren, konnte man in weniger schweren Strafsachen den Angeklagten zum Reinigungseid, iuramentum purgatorium, zulassen, d. h. er hatte einen Eid zu leisten, dafi er unschuldig war, woraufhin er freigesprochen wurde. In schwereren Strafsachen, in welchen mehr als halber Beweis vorhanden war, wollte man den Reinigungseid nicht zulassen. Die Gefahr war allzu grofi, dal? der Angeklagte sich des Meineides schuldig machte und damit die Seligkeit seiner Seele gefährdete. In solchen Sachen schob man die Entscheidung auf unbestimmte Zeit auf, um die Sache dann wiederaufzunehmen, wenn neue Beweise bekannt geworden waren. Ein Beispiel eines solchen Verfahrens findet man schon imLiber extra^ und später bei dem italienischen Rechtsgelehrten Giulio Glaro Qulius Glarus) (1525— 1575).^ Bei Giulio Glaro findet Verfahren verwendet wurde, nämlich absolutio stantibus rebus oder absolutio stantibus rebus prout stant. In den folgenden Jahrhunderten verwandte man auch den Ausdruck absolutio ab instantia. Vor dem Hintergrund dieser prozessualen Entwicklung des römisch-kanonischen und des deutsch-römischen Rechts habe ich in meiner oben erwähnten friiheren Arbeit das Geständnis in der schwedischen Prozel?rechtsgeschichte bis zur Griindung des Svea Hofgerichts imJahre 1614 untersucht. Ich konnte dabei feststeilen, dal? der wofonww-Begriff im mittelalterlichen schwedischen Prozel?recht schon zur Zeit der Landschaftsrechte, d. h. vor der Mitte des 14. Jahrhunderts, eine wichtige Rolle spielte, weil eine Straftat, die offenkundig war, schnell abgeurteilt und die Strafe sofort vollstreckt werden konnte. War die Straftat offenkundig, gab es in der Regel keine Appellationsmöglichkeit. Der schwedische notorium-'^egv'\{{ war jedoch weiter als der römisch-kanonische. Gemeinsamfiir beide war allerdings u. a., dal? man das eigene Geständnis vor Gericht als ein Beweismittel auffal?te, das eine Straftat offenkundig machen konnte. Hinsichtlich des Geständnisses konnte ich feststeilen, dal? es fiir den älteren schwedischen Prozel?, den Eideshelferprozel?, nur sehr geringe Bedeutung hatte, dann aber fur den späteren Prozel?, den Geschworenenprozel? mit seiner materiellen Beweiswiirdigung eine erheblich gröl?ere Rolle gespielt hat. Insgesamt gesehen scheint jedoch das Geständnis im Prozel?recht der Landschaftsrechte keine besonders grol?e Bedeutung gehabt zu haben, obwohl das eigene Geständnis Notorität mit sich brachte. Nur in einigen Punkten und in bestimmten Rechten wie dem Östgötarecht nimmt das Geständnis auch in dieser Zeit eine zentrale Stellung ein und zwar eben wegen eines stärkeren Einflusses des römisch-kanonischen Rechts. Ganz änders verhielt es sich mit Funktion und Bedeutung des Geständnisses im Institut der kirchlichen Beichte und - X, 2, 1, 15. Julius Clarus, Liber \\ Sent., Practica criminal., quaestio 62, n:o 2. G. Claro, Opera omnia, 1572; J. Brunnemann, Tractatus juridicus de inqvisitionis processu, 1679, s. 97, Cap. VIII, mem. II, num. 3. auch die Terminologie, die bei derartigen man 21

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=