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Toten lediglich die Aufgabe zii enlscheiden, ob dieses Gleicbgewichl im einzelnen Fall vorliegl. Die Absicht des Prozesses ware denigeniäss nicht, den Toten zii einer Strafe zn vernrteilen, sondern lediglich die Enlscheidung dariiber, ob das Verbrechen des Toten iind der an ihm begangene Totschlag einander koinpensieren. Diese Betrachtiingsweise slebt der Anffassiing nahe, die von Scherer vertreten worden ist, obgleich dieser den Toten als friedlos betrachtet. Ob das iiber den Toten gefällfe Unheiligkeilsurteil von den Nordgermanen gemäss der ersten oder der zweiten von ims skizzierten Belracbtiingsweise —oder möglicherweise gemäss einer drilten, bier nicht dargelegten Weise — verstanden worden ist, lässt sich nicbt entscheiden. Da es sich bier nicht nm spezielle nnd näher präzisierte, sondern nm zienilich allgemeingehaltene Vorstellungen bandelt. braiicbt die erstere Betracbtnngswcise keineswegs die zweite ansznschliessen. Im Zuge der späteren Entwicklung des Prozesses gegen den Toten kommt es in einzelnen Fälleii vor, dass durcb das Uiieil die banziehung des dem Toten gehörenden Eigentiims verfiigt wird. Enter rationellem Aspekt betrachtet muss diese Einziehung des Eigentums naturlich als eine Strafe betrachtet werden, die allerdings lediglich die Familie des Toten mid dessen Verwandtscbaft trifft. Diese rationelle Betrachtungsweise gibt jedocli keinerlei Anhalt dafiir, wie die Nordgernianen selbst die Einzieliimg des liiigentums auffassten. Es kaiin niclit ausgesclilossen werden. dass die ITmziehung des Eigentums von ilinen als eine gegen den Toten gericbtele Handlung verstanden wurde. Audi biiisicbtlicli dieser Frage ist es scliwer — wenn iiicbt immöglicli —iiber die Betraclitimgsweise der Xordgernianeii Klarheit zu gewinnen. Sicber ist jedeiifalls, dass selbst dann, wenn die Urteilsverkiindigung iiber die Unheiligkeit bzw. Biisslosigkeit des Toten iiicht als Strafe verstanden werdeii kann. so muss doch miter alien Emständen die Einzielumg des Eigentiims als eine Strafe belrachtet werden. gleicbgiiltig. gegen wen sie gerichtet ist. In einigen Fälleii verfiigt das iiber den Toten ausgesprochene Urteil, dass dieser ausserhalb des Friedbofes begraben werden soil. Diese Verfiigung ist zweifellos als eine gegen den Toten gerichtete lOU 103 .Sielie S. L).')3ff. Siehe S. 2.^9. 324

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