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gingen.* Wie de Vries hervorgehoben hat,'* können sehr wohl mehrere, logisch sich widersprechende Todesvorstellungen in demselben Volk lind zu gleicber Zeit nebeneinander besteben. Das spielt jedocb fiir die Lebre vom recbtlicben Fortleben des Toten keine Rolle. Es ist nämlicb deutlicb, dass die Lebre von dem reebtlicben Fortleben des Toten nicbt imbedingt von dem Glauben an den »lebenden Leicbnam« ausgeben muss. Nacb Heinricb Brunner, dem Begriinder der Lebre von dem recbtlicben Fortleben des Toten, war der Ausgangspunkt fiir den ältesten germaniscben Glauben an ein Fortleben nacb dem Tode ein Seelenglaube. Andererseits kann jedocb nicbt geleugnet werden, dass diejenige Auffassung, die am besten zu der Vorstellung von der Mitwirkung des Toten bei verscbiedenen Recbtsbandiungen passt, der Glaube an ein körpeiiicbes Fortleben des Toten ist. Dieser Glaube an das Fortleben des Toten in leiblicber Gestalt kommt nun in verscbiedener Weise zum Ausdruck. Wie die Grabfunde zeigen, bekommt der Tote verscbiedene Beigaben ins Grab mit, weil man annimmt, dass er sie aucb in dem nacb dem Tode fortgefiibrten Leben braucben wird, wie Pferd und Wagen, Waffen und Kleider, Geld und Scbmuck, Speise und Trank. Den literariscben Niederschlag dieser Vorstellungen findet man wobl vor allem in der altnordiscben, besonders in der altisländiscben Literatur.^'* Dies fällt besonders an den Gespenstergescbicbten mit ibren gefrässigen, riesenstarken und streitlustigen Wiedergängern auf.^^ Aucb das Braucbtum einer weit späteren Zeit bat Reminiszensen dieses Glaubens an den lebenden Toten bewabrt.^* Der Gedanke liegt nun nabe, dass die Germanen, wenn sie den Toten fiir fäbig bielten, ein dem wirklicben Leben in vielem äbnlicbes nacb dem Tode weiter zu fiibren, glaubten, dieses Leben miisse aucb in der Recbtsspbäre seinen Ausdruck finden. Dies ist denn aucb eine besonders von deutscben Recbtsbistorikern vertrefene Auffassung. Im ältesten germaniscben Recbt sei der Tote in ^ .Siehe de ^’^ies. I-, .S. 156, 217 ff. » de Vries, 1-, 14 f. Vgl. Ranke, S. 22 f. Klare, S. 4 ff. “ V{{1. hierzu Klarcs Darstellimg der \'orstelliing von den Wiedergängern, S. 20 ff. >- Siehe Ranke, S. 16 ff. Vgl. Christiansen, S. 3 ff. 302

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