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vom rechllichen Forlleben des Toten imtersuchen will. Allgemein iiimmt man mm an, dass die Germanen zu Beginn dieser Periode lind auch noch länger an ein Leben nach dem Tode geglaubt hätten, in dem der Leib des Toten weiterlebte, eine Vorstellung, deren Wurzeln bis in die erste Erdbestattungszeit zuriickreichen diirlten.^ Man spricht daher in der wissenschatllichen Literatiir vom »lebenden Leichnam« oder von der »lebenden Leiche«.^ Ein zutrel tenderer Ausdruek ist doch, wie von Geiger hervorgehoben und später von Ranke “ belont worden, der »lebende Tote«. Neckel hat diese Vorstellung von dem Fortleben des Toten in ausserordentlich treffender Weise lolgendermassen charakterisiert: der Tote blieb »ein belebter Körper mit ähnlichen Bediirfnissen, Trieben und Fähigkeilen wie vor dem Tode«.’ Es soil aber keineswegs bestritten werden, dass es bei den Germanen neben dem Glauben an den lebenden Toten noch andere Vorstellungen von der Art und Weise des Eortlebens des Toten gab, die von einem wie immer gearteten Seelenglauben aus- * (te A'ries, 1-, S. 89. liter kaiiii die iinistrillene 1'rage, iiiwieweit die lunliilirung der Feuerlx'-slattung bedeulete oder evcnluell die Folge davon war, dass der Cdaiibe an den »lebenden Tolen« durcli einen wie imnier gearteten Seelenglauben erseizt wurde, nielit erörtert werden. Mit versetiiedenen (jesielU.S|ninklen zu dieser Frage setzt sich de Vries, I-, S. 98 ff. auscinander, der m. E. iiberzeugend zeigl, dass Feuerbeslaltung nielit l)edeulet hal(en kann. dass inan glaul)te, der Tote lebe nur als Seele fort. Vgl. Klare. S. 45. ^ Die ludden Ausdriieke sind .Vllgeiueingut der modemen religionshislorisehen, volkskundliehen und reebtsgesehiebtliehen Lileratur. Nacb Klare, S. 2 — vgl. Ranke. S. 20. Anm. 1 — sollen sie zuerst von Neekel und Selirener (vgl. Neckel. .S. 87 und Selirener, Reebf d. Toten, I, S. 848 und jiassim) gebrauehl worden sein. Friiber arbeilete man mil der I'orstellung. dass die tiermanen an das Forlleben irgendeiner Art von Seele glaublen. Dies ergibt sich aus den .\usfi\hrnngen von Helm, I, .S. 182 ff. und 147 ff., in denen Helm von der .\nnabme ausgeht, dass der Seelenglaube bereits während der Stein- und Bronzezcil vorbanden gewesen sei (ini Rd II, 1 [19.87] ubernimmt Helm die Lehre von dem »lebenden Leiehnam«). .\ueh bei Heinrieh Brunner begegnet uns bei der .\usarbeitung seiner Lehre von dem reebiliehen Forlleben des Toten dieselbe Vorstellung (vgl. Brnnner, Forlleben des Toten, S. 19 f.). Eine sebr gule Fbersicbt dariiber, wie sieb die Vorstellung vom »lebenden Leicbnam« in der Forsehung durehsetzt. findet sieb bei Klare, S. 2 ff. " Geiger, Sp. 1028 ff. « Ranke, S. 20 ff. ' Neckel, S. 37. Vgl. die Charakleristik des Toten bei de Vries. I-, S. 178: »Aus den Begriibnisbräueben habcn wir scbon erfahren . . ., dass auch nacb dem Tode der Mensch ein. wenn auch geschwächtes, Leben weiterfiihrt. Schwächer isl aber dieses Lelien nur deshalb. weil seine Intensität im Zustand des Todes zu einem Mindeslmass herabgesunken ist. . . .« 301

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