zu entnehmen sein, dass die traditionelle deutsche Lehre von der i. /". eintretenden Friedlosigkeit sich in alien wesentlichen Punkten auf Wildas Theorie griindet. Wo Differenzen zwischen Wilda und den späteren k^orschern festzustellen sind, bestehen diese Differenzen in der Regel darin, dass man jene Thesen nur neu formuliert iind verschärft hat, die urspriinglich von Wilda aufgestellt vvorden waren. bei ihm jedoch eine nuanciertere und weit angeinessenere Form besassen. Fiir Wilda stellte die Friedlosigkeit den Ursprung, das Wesen und den Kern des germanischen Strafsystems dar. Sein Riisonnement. das sich in zahlreichen Darstellungen der germanischen Rechtsgeschichte widerspiegelt oder direkt wiedergegeben wird, kann kurz folgendermassen zusammengefasst werden/" Die germanische Gesellschaft sucht ihre Glieder durch Aufrechterhalfung des Friedens zu schiitzen. Hierbei wird der Frieden als »der geordnete und gesicherte Zustand unter der Herrschaft des Rechts« verstanden.**■’ Begeht jemand an einem Glied dieser Friedensgemeinschaft ein Verbrechen. so bricht er nicht nur den Frieden des Einzelnen, sondern zugleich auch den Frieden der Gesellschaft, den »Gemeinfrieden«. Durch das Verbrechen stellt sich der Verbrecher selbst ausserhalb des Friedens: »So spricht sich darin aber aus, dass eine jede Rechtsverletzung bei den Germanen als ein Rruch des Friedens, wodurch der Thäter die Wirksamkeit desselben fiir sich aufhob, gedacht wurde.«^* Demgemäss steht also jeder. der den Frieden bricht, prinzipiell ausserhalb desselben, d. h. er ist friedlos. Bereits in der Art dieses Rasonnements liegt eine Schlussfolgerung, die Wilda zwar nicht unmittelbar zieht. auf die er aber in einem anderen Zusammenhang hinweist: die Friedlosigkeit muss, da es der Täter ist, der durch sein Verbrechen den Frieden aufhebt, durch die Tat, ipso facto eintreteu. Demgemäss, .so folgert Wilda, muss bei den Germanen die urspriingliche und einzigc Reaktion auf das Verbrechen die Friedlosigkeit gewesen sein. Die Stärke der von Wilda veiiretenen Theorie liegt in ihrer Konsequenz und inneren Geschlossenheit, ihre Schwäche dagegeu in der mangelnden Beriicksichtigung des Quellenmaterials. Die 'I'heorie von der i. f. eintretenden Friedlosigkeit wird von Wilchi. .S. 2(>4 if. Wilda, .S. 22:). Wilda, .S. 267. 271
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