234 Dänemark und Norwegen und schliefilich in den 80er Jahren in Finnland. Schon 0rsted hob jedoch die Bedeutung des Gewohnheitsrechts hervor. Das Gewohnheitsrecht war nach ihmeine wichtige Rechtsquelle, die nicht von der Genehmigung des Gesetzgebers abhängig war. Nach 0rsted wurde in der nordischen Doktrin die Eigenschaft des Gewohnheitsrechts als Rechtsquelle nie in Frage gestelit. Auch die nordischen Anhänger der historischen Rechtsschule waren sich jedoch der verhältnismäbig schwachen Stellung des Gewohnheitsrechts im Norden durchaus bewulk. Obw'ohl man oft das Gewohnheitsrecht als eine mit der Gesetzgebung gleichberechtigte Rechtsquelle bezeichnete, zeigen etliche Reservationen, dab das Gewohnheitsrecht nur eine subsidiäre Rechtsquelle war. Nur im Lehrbuch Schrevelius’, das in mancher Hinsicht eine Kompilation ist, findet man in dieser Beziehung keine Vorbehalte. Die Entwicklung in Dänemark zeigt andererseits, dafi die Rezeption der neuen Lehre vom Gewohnheitsrecht nicht mit Hilfe konstitutioneller oder gesellschaftlicher Veränderungen imNorden erklärt werden kann. Schon während des Absolutismus wird in Dänemark das Gewohnheitsrecht vor allemvon 0rsted aufgewertet, und trotz höchst verschiedenartiger Konstitutionen findet die Rezeption der Lehre der historischen Schule in alien nordischen Ländern statt. Die Uberbewertung des Gewohnheitsrechts in der nordischen Doktrin ist von der Hochbliite der historischen Rechtsschule abhängig, und geht in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts rasch voriiber. Wieder sind die Veränderungen zuerst in der dänischen rechtswissenschaftlichen Literatur bemerkbar. Schon in den 70er Jahren lehnt Deuntzer die friihere Einteilung in dispositive und absolute Gesetze ab; eine Gewohnheit könne nie contra legem Geltung erhalten. Erst Goos polemisiert jedoch offen gegen die historische Rechtsschule, wahrscheinlich auch weil Bornemann das wichtigste Vorbild Goos’ ist. Goos behauptet, dab eine allumfassende Kodifikation das höchste Ziel der Rechtsentwicklung sei, und schon deshalb ist es verständlich, dafi er kein derogatorisches Gewohnheitsrecht anerkennt. Er fordert weiter sogar eine stillschweigende Genehmigung des Gesetzgebers als Voraussetzung des Gewohnheitsrechts. Bentzon ist wie Deuntzer und Goos der Meinung, dafi ein Gewohnheitsrecht contra legem in Dänemark nicht möglich sei. Nach Bentzon sei jedoch die desuetudo kein derogatorisches Gewohnheitsrecht; die desuetiido sei iiberall ein wichtiges Mittel zur Entwicklung des Rechts. In der norwegischen Doktrin betont man häufig die Beteiligung der Gerichte an der Entwicklung des Gewohnheitsrechts; man verwirft jedoch die als englisch bezeichnete Meinung, nach der das Gewohnheitsrecht nur durch richterliche Tätigkeit entstehen könne. Man gew'ährt dem Richter ein oft weitgehendes Recht, die Qualität einer Gewohnheit zu priifen. Gerichtsgebrauch und Gewohnheitsrecht sind auch sonst miteinander eng verbunden, und die Praxis
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