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231 Einzelheit ist, daft die Rechtsquellenverzeichnisse mchrerer Autoren eine „freie“ oder „offene“ Rechtsquelle oder Hilfsquelle enthält. Rechtsquellen wie Natur der Sache, allgemeines Rechtsbewulksein, nattirliches Recht, Grundprinzipien und Geist der Gesetze ermöglichen eine freie Argumentation. Schon in der sog. traditionellen Rechtsquellenlehre kommen die Merkmale der heutigen Lehre vor: mehrere Rechtsquellen, die Hervorhebung der rechtserzeugende Tätigkeit des Richters und der Suche nach der besten, nicht der einzig richtigen Entscheidung. Auch die Rechtsquellenlehre des 19. Jahrhunderts war damit recht flexibel. Obwohl man von einer nordischen Rechtsquellenlehre reden kann, bedeutet das allerdings nicht, es gäbe eine selbstandige nordische Rechtsquellenlehre; vor allem deutsche Darstellungen wurden oft verwendet. Die deutsche Rechtsquellenlehre war jedoch so zersplittert, dafi man ein Vorbild fast jeder Stellungnahme, die in der nordischen Literatur vorkommt, irgendwo in der deutschen Doktrin finden kann. In den Darstellungen emzelner Rechtsquellen ist die Bedeutung gewisser deutscher Autoren deutlicher zu bemerken. III. In den heutigen Darstellungen der Rechtsquellenlehre hat das Gewohnheitsrecht nur einen bescheidenen Platz. Die Grundlage der heutigen Rechtsquellenlehre hat auch die Vorstellungen vom Gewohnheitsrecht beeinflufit. Man erwähnt noch die traditionellen Voraussetzungen des Gewohnheitsrechts (dauernde, allgemeine Ubung, opinio necessitatis usw.), betont aber die Relativität aller Voraussetzungen. Man ist aufierdem fast ausnahmlos der Meinung, dal? der Richter die Qualität der Gewohnheit priifen darf; nur gute Gewohnheiten können Gewohnheitsrecht werden. Eine uberwältigende Mehrheit behauptet, dal? Gewohnheitsrecht auch zwingende Gesetzesvorschriften aufheben könne. Der Gegensatz zwischen moderner und traditioneller Doktrin bestehe auch in der Lehre vomGewohnheitsrecht. Nach Eckhoff und Andenxs sei das Aufstellen fester Voraussetzungen des Gewohnheitsrechts ein Merkmal der traditionellen Lehre; erst in der modernen Doktrin habe man die grundlegende Bedeutung des richterlichen Werturteils hervorgehoben. Nach Stuer Lauridsen kann der Unterschied zwischen Usancen und Gewohnheitsrecht nicht aufrechterhalten werden. Auch die Ansicht, dal? das Gewohnheitsrecht nur praeter, nicht aber contra legem Kraft habe, sei nunmehr iiberwunden. Der Rechtspositivismus, den Historismus ausgenommen, habe die Geltung des Gewohnheitsrechts nur mit Hilfe der Theorie einer fiktiven stillschweigenden Genehmigung des Gesetzgebers anerkennen können. Bekanntlich hat die historische Rechtsschule die Aufwertung des Gewohnheitsrechts gefordert; das Gewohnheitsrecht wurde sogar, freilich nur im

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