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227 quellen, „die Richterideologie“ (Ross). Trotz verschiedener Definitionen des Begriffes „Rechtsquelle“ kommen in den Verzeichnissen jedoch immer dieselben Rechtsquellen vor: 1. Gesetze; 2. Vorarbeiten, Gesetzesvorlagen usw.; 3. Gerichtspraxis; 4. Gewohnheitsrecht; 5. juristische Vorstellungen (u.a. in der rechtswissenschaftlichen Literatur); 6. reale Argumente, Natur der Sache usw. Obwohl eine genaue Rangordnung nicht gutgeheil^en wird, besteht jedoch darin Einigkeit, das Gesetz als die primäre Rechtsquelle anzusehen. In Schweden und Finnland haben Peczenik und Aarnio behauptet, die Rechtsquellen können in solche, die entweder mUssen, sollten oder diirfen beachtet werden, eingeteilt werden. Diese Dreiteilung hat jedoch keine Zustimmung in der dänischen und norwegischen Literatur gefunden. In den meisten Lehrbiichern wird die heutige Rechtsquellenlehre als ein Gegensatz der traditionellen Lehre von den Rechtsquellen dargestellt. Obwohl die Kritik der herkömmlichen Lehre ziemlich disparat ist, kann man einige Leitgedanken verfolgen. Erstens habe die traditionelle Doktrin nur zwei Rechtsquellen, Gesetz und Gewohnheitsrecht, gekannt. Zweitens sei das Rechtssystem liickenlos; der Richter nur finde das Recht, er erzeuge es aber nie, und es gebe immer nur eine richtige Entscheidung. Drittens habe man friiher eine starre Rangordnung befiirwortet; nur das Gesetz sei fur den Richter absolut bindend gewesen, während die anderen Rechtsquellen nur subsidiär und belehrend gewesen seien. Es ist damit offenbar, dafi auch einige Ziige der heutigen Rechtsquellenlehre in anderen Werken als iiberwunden und verwerflich bezeichnet werden. Nach deutschen Vorbildern wird der Begriff „Rechtsquelle“ nach den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts auch in der nordischen rechtswissenschaftlichen Literatur allmählich angenommen, während die friihere Fragestellung war, ob gewisse Materien die Kraft eines Gesetzes hatten. Die Definitionen des Begriffes „Rechtsquelle“ sind aber meistens sehr knapp, und man begniigt sich vor allem damit, den Begriff gegen ähnliche Begriffe, z. B. die der historischen Quelle, abzugrenzen. Eine einheitliche Rechtsquellenlehre oder ein allgemeiner Teil dieser Lehre kommt nur ausnahmsweise vor (Bentzon), während die meisten Autoren die verschiedenen Rechtsquellen separat behandelten. Von den hier untersuchten rund dreifiig Autoren ist nur eine Minderheit (in Dänemark Deuntzer, in Finnland Palmén, Hermanson, Montgomery und Ekström, und in Norwegen Hagerup, Gjelsvik und Ingstad) der Meinung, dal? es nur zwei Rechtsquellen, Gesetz und Gewohnheitsrecht, gebe. Auch die Norweger Brandt, Aubert und Platou bezeichnen Gesetz und Gewohnheitsrecht als die einzigen Rechtsquellen, Brandts Begriff des Gewohnheitsrechts ist aber so weit, daf? dieser auch sowohl Gerichtsgebrauch als Rechtswissenschaft umfal?t, und Aubert und Platou sind der Meinung, dal? die Praxis ein Teil des Gewohnheitsrechts sei. Nach Schlegel, Kolderup-Rosenvinge und Nellemann in

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