77 Qualität zugewiesen wurde, kam besonders in der Rangordnung der drei oberen Fakultäten untereinander zum Ausdruck. Der Rang innerhalb der oberen Fakultäten bestimmte sich nach dem Prinzip fiir den gesetzwidrigen Kampf zwischen den Fakultäten, d.h. nach demNiitzlichkeitsargument: „Nach der Vernunft (d.h. objektiv) wiirden die Treibfedern, welche die Regierung zu ihremZweck (. . .) benutzen kann, in folgender Ordnung stehen: zuerst eines jeden ewiges Wohl, dann das biirgerliche als Glied der Gesellschaft, endlich das Leibeswohl (lange leben und gesund sein). Nach der Vernunft wiirde also wohl die gewöhnlich angenommene Rangordnung unter den oberen Fakultäten stattfinden; nämlich zuerst die theologische, darauf die der Juristen und zuletzt die medizinische Fakultät. « 29 In dem Mafie, in dem die oberen Fakultäten sich von äul^eren Zwecken zu befreien suchten, wtirden sie dadurch eher ihre Befugnisse iiberschreiten. Durch die Art und Weise, in der diese Klasse von Fakultäten das Objekt fiir ihre Tätigkeit erwarb, wurde der Grund fiir die Produktion von Erkenntnis in der Fakultät notwendigerweise in zufälligen und äuBeren Zwecken plaziert. Der gesetzmäBige Streit der Fakultäten stellte ein Verhältnis zwischen den Fakultäten dar, das durch gegenseitige Fremdheit geprägt wird. Die Fähigkeit der unteren Fakultät, die iibrigen Fakultäten wissenschaftlich zu kontrollieren, war äuBerst begrenzt, und die oberen Fakultäten muBten ihrerseits vermeiden, ihre Tätigkeit mit einem wissenschaftlichen Anschein zu versehen versuchen, denn dieses wiirde nur eine ,,MiBheirat“ zwischen unvereinbaren Elementen in der Erkenntnis bedeuten: ^° „Sobald eine dieser Fakultäten etwas als aus der Vernunft Entlehntes einzumischen wagt: so verletzt sie die Auctorität der durch sie gebietenden Regierung und kommt ins Gehege der philosophischen, die ihr alle glänzende von jeher geborgte Federn ohne Verschonen abzieht und mit ihr nach dem Fufi der Gleichheit und Freiheit verfährt. - Daher miissen die obern Fakultäten ammeisten darauf bedacht sein, sich mit der unteren ja nicht in Mifiheirat einzulassen, sondern sie fein weit in ehrbietiger Entfernung von sich abzuhalten, damit das Ansehen ihrer Statute nicht durch die freien Verniinfteleien der letzteren Abbruch leide.“^' Durch den gesetzmäfiigen Streit der Fakultäten festigte und vertiefte sich die Kluft, die die Universität in zwei, prinzipiell verschiedene Abteilungen teilte. AaO. ibidem. Auch das Uberschreiten der Grenzen, die die drei oberen Fakultäten voneinander trennten, stellte damit einc Art unerlaubter Mesalliance dar. Dies bedeutete nämlich, dal5 man Erkenntnisse, die von verschiedenen Quellen ausgmgen, oder mit anderen Worten: die von bestimmten sachlichcn Bestimmungen — „Eigentumlichkeiten“ — geprägt warden, miteinander zu vermischen versuchte. '' AaO. S. 332 f. Siehe z.B. S. 334 hinsichtlich der „Eigentumlichkeit“ der juristischen Fakultät: „Der schriftgelehrtejurist sucht die Gesetze der Sicherung des Mein und Dein (wenn er, wie er soil, als Beamter der Regierung verfährt) nicht in seiner Vernunft, sondern imöffentlich gegebenen und höchsten Orts sanktionierten Gesetzbuch. Den Beweis der Wahrheit und Rechtmäfiigkeit derselben, ingleichen die V'erteidigung wider die dagegen gemachte Einwendung der Vernunft kann man billigerweise von ihmnicht fordern".
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