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68 Schriften, die auf irgendeine Weise von dem reinen Referieren des Lehrkanons abweichen, fehlt es, gemäfi Kant, an sich an Autorität. Die Verfasser derartiger Schriften können nur beanspruchen, einemrelativen, didaktischen Wert zu gentigen - geschieden von der materiellen Seite der Erkenntnis: „Von dem Gesetzbuch, als dem Kanon, sind diejenigen Bucher, welche als (vermeintlich) vollständiger Auszug des Geistes des Gesetzbuchs zum faElichern Begriff und sicheren Gebrauch des gemeinen Wesens (der Gelehrten und Ungelehrten) von den Fakultäten abgefafit werden, wie etwa die symbolischen Biicher, gänzlich unterschieden. Sie können nur verlangen als Organon, um den Zugang zu jenemzu erleichtern, angesehen zu werden und haben gar keine Auctorität; selbst dadurch nicht, dafi sich etwa die vornehmsten Gelehrten von einem gewissen Fache dariiber geeinigt haben, ein solches Buch statt Normfiir ihre Fakultat gelten zu lassen, wozu sie gar nicht befugt sind, sondern sie einstweilen als Lehrmethode einzufiihren, die aber nach Zeitumständen veränderlich bleibt und iiberhaupt auch nur das Formale des Vortrags betreffen kann, im Materialen der Gesetzgebung aber schlechterdings nichts ausmacht. « 7 Der akademisch tätige Jurist mufite sich mithin damit begniigen, seine Bearbeitung des Rechts auf das Verfassen von Handbiichern zu beschränken, die dazu dienten, das Aneignen des aktuellen juristischen Stoffes zu erleichtern. Jede Ambition, die aus diesem engen Rahmen herausfällt, steht in Widerspruch mit dem Zweck, der aufgestellt wurde, um die Tätigkeit der oberen Fakultäten, und darunter auch der juristischen Fakultat, zu regeln. Diese innere Rangordnung zwischen der Natur der akademischen Methode und deren Objekt war, nach Kants Auffassung, ein deutliches Zeichen fiir die Abhängigkeit der oberen Fakultäten von einer von aufien gegebenen Gesetzgebung; sei diese in der Bibel oder sei sie imGesetzbuch beinhaltet, so war deren Urteil in sowohl praktischen wie auch theoretischen Meinungsverschiedenheiten fiir diese Klasse von Fakultät absolut bindend. Diesen Fakultäten gegeniiber stand die untere Fakultät, die von jeder derartigen äufieren Riicksicht befreit war, oder wenigstens befreit sein sollte: „Man kann die untere Fakultät diejenige Klasse der Universität nennen, die oder sofern sie sich nur mit Lehren beschäftigt, welche nicht auf den Befehl eines Oberen zur Richtschnur angenommen werden. « 8 Das Verhältnis zwischen den oberen Fakultäten und der unteren wurde, nach Kant, notwendigerweise von einem gewdssen MaE an Fremdheit gekennzeichnet. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Ausgangspunkte ftir die Frkenntnisproduktion in den verschiedenen Fakultäten war dies nur natiirlich. Die materielle Figenart der oberen Fakultäten, deren Grundlage sich in den ausgewählten Schriften, die das Material der spezialwissenschaftlichen Tätigkeit darstell- ^ AaO. ibidem. ** AaO. S. 337.

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