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34 fiir den Philosophen wie „ein sicheres Licht den Weg bezeichnet“,'°^ beriihrt aufs neue den Ausgangspunkt fiir die schellingsche Erkenntnistheorie: die transzendentalphilosophische Vernunft und die freie Wissenschaft. Der Trieb zum Bewufitmachen treibt die menschliche Vernunft dazu, eine Relation zur Objektswelt zu errichten, und dieses Streben nach Gestaltung ihres Objekts, der Natur, bekambei Schelling seinen Ausdruck in der Bestimmung der philosophischen Konstruktion: „Darstellung in intellektueller Anschauung ist philosophische Construktion; aber wie die allgemeine Einheit, die alien zu Grunde liegt, so können auch die besondern, in deren jeder die gleiche Absolutheit des Urwissens aufgenommen wird, nur in der Vernunftanschauung enthalten seyn, und sind insofern Ideen. Die Philosophie ist also die Wissenschaft der Ideen oder der ewigen Urbilder der Dinge. Die philosophische Erkenntnis mufite, sowohl nach den Forderungen der kantianischen als auch der schellingschen Erkenntnistheorie, prinzipiell getrennt von der Erfahrungserkenntnis sein - die Philosophie durfte ausschliefilich durch das reine Wissen dargestellt werden. Nach Schellings Auffassung bedeutete diese Forderung nach Abgrenzung der Philosophie, daft philosophisches Wissen nur Erkenntnis iiber das Absolute umfassen konnte. Diese Bestimmung des philosophischen Elementes verdeutlicht gleichzeitig dessen Aufgabe imErkenntnisprozeft. Durch ihren Grund und ihr Objekt, das Absolute, ist die Philosophie an sich vollständig von jeder Beriicksichtigung der Niitzlichkeit entfernt: „Von dem Nutzen der Philosophie zu reden, achte ich unter der Wiirde dieser Wissenschaft. Wer nur iiberhaupt darnach fragen kann, ist sicher nicht einmal fähig ihre Idee zu haben. Sie ist durch sich selbst von der Niitzlichkeitsbeziehung frei gesprochen. Sie ist nur urn ihrer selbst willen; urn eines anderen willen zu seyn, wiirde unmittelbar ihr Wesen selbst aufheben. Die Umgestaltung des Objekts in intellektuelle Form durch die Vernunft geschieht folglich mit Absicht, um alle zufälligen Ziige aus der Erfahrungserkenntnis auszumerzen. Durch die philosophische Konstruktion wird der Stoff als Erkenntnis dargestellt — reine Erfahrungserkenntnis — ohne unbefugte Einschläge. Die menschliche Vernunft hatte bereits durch die kopernikanische Wende in der Philosophie den notwendigen Ausgangspunkt konstruiert, von demaus die Trennung des Wissenschaftlichen von dem Unwissenschaftlichen möglich wurde. Der Gegensatz zwischen innerem und äulserem Zweck der Erkenntnis bildete den eigentlichen Grund fur die freie Wissenschaftlichkeit der reflexionsphilosophischen Vernunft. Durch diese Aufteilung der möglichen Schelling, aaO. S. 211. AaO. S. 255. AaO. S. 256. « 107 « 108 1C8

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