21 der natiirlichen Einheit der Geschichte.^° Dieser materielle Vernunftsansatz konnte jedoch das Faktum nicht ändern, dafi der reflexionsphilosophische Standpunkt verschiedene erkenntnistheoretische Qualitäten in der Form der Erkenntnis und in deren zufälligem Stoff postuliert. Der Stoff ist und bleibt von zufälliger Art - er konnte höchstens ein dunkles Zeichen einer dahinter existierenden objektiven Einheit darstellen - und die Vernunft mufite deswegen alles Streben aufgeben, die Erfahrungserkenntnis materiell zu systematisieren. Der zufällige Charakter des historischen Stoffes enthielt jedoch einen beschwerlichen inneren Widerspruch fiir den reflexionsphilosophischen Standpunkt: die dogmatische Vernunft in der Metaphysik war, durch eine Analyse des Weges der menschlichen Vernunft zu einer höheren Vernunftsposition im Bereich anderer Disziplinen, aus ihrem Schlummer geweckt worden. Diese Entwicklung durch Revolutionen biidete den reellen, historischen Ausdruck der Vernunft, der offenbar, nach Kants Auffassung, als Weg zu der wahren philosophischen Bestimmung des Wesens der Vernunft dienen konnte — was einen Widerspruch in sich darstellte. Aufierdembedeutete dies, dafi, wenn die Historizität der Vernunft^' den einzig möglichen methodologischen Weg zu deren Wesen darstellte, dies seinerseits dazu fiihrt, dafi das Erkenntnissubjekt auch in der Metaphysik dazu gezwungen wird, nach einer objektiven, nicht reflexiven Erkenntnis zu streben. Fiir die emanzipierte Vernunft mufite deren eigener historischer Ausdruck ein Erkenntnisobjekt darstellen. AlleVernunftserkenntnis mufite folglich entweder einemnur angenommen freien Objekt gelten, das sich Ausdruck gibt und damit durch historisches Handeln fiir die Vernunft wahrnehmbar wird, oder einer Einheit von empirisch-mechanischer Naturnotwendigkeit.^^ Beide Vernunftsauffassungen stehen offenbar im Widerspruch mit dem reflexionsphilosophischen Ausgangspunkt, die erstere durch ihren zufälligen Ausdruck und die letztere wegen ihrer zufälligen Natur. Nach Kants Auffassung ist Geschichte immer eine rein objektive und deshalb zufällige Erkenntnisart, vermengt mit Strukturen gegriindet in atheoretischen Maximen. Die materielle Bearbeitung des historischen Stoffes erhebt sich nicht einmal im besten Fall iiber das Niveau eines willkiirlichen Aggregates, und im schlimmsten Fall, bei Abwesenheit der Vernunftskritik, artet die Geschichte als akademische Disziplin zu einer einfachen „Wahrsagerei le Wissenschaftszweige, die ein solches objektives, historisches Element haben, sind folglich notwendigerweise nur relative Erkenntnisarten, mit einemaufierSiche untcn S. 47 t. '' Zum Problem der Historizität der Vernunft in der kantianischen Erkenntnistheorie, siehe Kaulbach, Der Zusammctiharig zwischen Naturphilosophic und Geschichtsphilosophie bei Kant, insbes. S. 442. Kant, aaO. S. 28 ff. Vgl. den Begriff „freie“ respektive „gefesselte Natur" bei Kaulbach, Welche Nutzen gibt Kant der Geschichtsphilosophief, S. 68 ff. sowie ders., Phdosophie der Beschreibung, S. 109 ff. Kant, Immanuel, Der Streit der Fakultäten, S. 391. « 53 aus. Al-
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