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19 Durch die Kritik der emanzipierten Vernunft an dem dogmatischen Verfahren sollten die auf Erfahrung begriindeten Disziplinen von alien Ziigen des Dogmatismus befreit werden. Der Verdacht, dafi die Metaphysik - die Wissenschaft an sich —damit, angesichts der dogmatisch-praktischen Stoffbearbeitung der vibrigen Wissenschaften, zu einer Art propädeutischer Ubung verwandelt werden wiirde, konnte wohlbegriindet erscheinen. Die, durch die kopernikanische Wende imphilosophischen Denken, unbedingte Metaphysik war ja sogar, gemäfi Kant, nutzlich*^ fiir das materielle Systematisieren der objektgeprägten Wissenschaften. Die Niitzlichkeit des Unbedingten fiir die Ausiibung der nur bedingten Erkenntnisarten, hatte, nach Kants Auffassung, zwei verschiedene Aspekte, teils die Fähigkeit der Vernunftskritik die Abwesenheit von alien ausseren Zwecksetzungen in der wissenschaftlichen Argumentation zu garantieren, wodurch sie „die Quelle der Irrthiimer", den Dogmatismus, .jverstopft","*^ teils die Aufgabe der Metaphysik, einen Raum, befreit von alien wissenschaftlichen Riicksichten, auch fiir die atheoretischen Maximen des praktischen Handelns zu schaffen. Die wissenschaftliche Argumentation ist jedoch von diesem Vernunftsstandpunkt aus gesehen, nur innerhalb des freien, theoretischen Bereichs der Metaphysik anwendbar; die objektgeprägten Wissenschaften vermochten niemals, auch nicht durch die Vernunftskritik, wissenschaftliche Freiheit von äufieren Zwecken zu erreichen. Die scharfe Grenze zwischen freien Vernunftswissenschaften und den, zumindest nach ihrem materiellen Inhalt, zufälligen Erkenntnisarten, spiegelt eine, nach Kants Meinung, notwendige Spaltung in der Natur der transzendentalphilosophischen Vernunft wider: „Die Analysis des Metaphysikers schied die reine Erkenntniss a priori in zwei sehr ungleichartige Elemente, nämlich die der Dinge als Erscheinungen und dann der Dinge an sich selbst. Die Dialektik verbindet beide wiederumzur Einhelligkeit mit der nothwendigen Vernunftidee des Unbedingten und findet, dass diese Einhelligkeit niemals anders als durch jene Unterscheidung herauskomme, welche also die wahre ist. Diese Aufteilung des Ausdrucks der Vernunft in zwei qualitativ verschiedene Erkenntnisarten — die philosophischen und die empirisch-historischen Disziplinen — hatte mithin ihren Grund in den Relationen der Vernunft zu dem Stoff beziehungsweise zur Einheit der Ob)ektwelt. Die erkenntnistheoretische Indifferenz der reinen Vielfalt bedeutete, dafi der Stoff direkt in Relation zur Vernunft als Grund gesetzt werden konnte. Die Erkenntnis dieser allgemeinen Erkenntnisrelation — der Vernunftskategorien — Siehe aaO. S. 26 t. hinsichtlich des positiven und des negativen Nutzens der wissenschaftlichen Metaphysik tur sowohl andere Erkenntnisarten als auch fur die Welt aulierhalb der Universität. Vgl. S. 31: („das Interesse der Menschen“ und „dem Nutzen, den die Welt bisher aus den Lehren der reinen Vernunft . . AaO. S. 31. AaO. S. 24, Fn. U 47 3

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