RB 44

262 Die Fakultät stellte den zentralen Punkt in diesemGegensatz zwischen innerem und äufierem Zweck des akademischen Studiums dar. Es war in den einzelnen, insbesonders in den juristischen und medizinischen Fakultäten, wo diese verschiedenen Beziehungen ständig miteinander kollidierten. Die Bestimmung der Tätigkeit, die diese Fakultäten betreiben sollten, stellte ein veritables Schlachtfeld fiir den Streit zwischen den Forderungen der Wissenschaftlichkeit und den Niitzlichkeitsargumentationen dar. Aus diesem Grund fafite Olivecrona den Vorschlag, die praktischen Fakultäten von der Universität imGrossen zu trennen und danach eine zentrale Rechtsschule in Stockholmzu schaffen, als ein mehr realistisch gestalteter und drohender Anschlag auf die wissenschaftliche Wirksamkeit auf. Die dargelegten Motive fiir den Vorschlag, eine Rechtsschule in der Hauptstadt zu errichten, entsprechend dem Karolinska Institut auf dem medizinischen Gebiet, richteten sich kaum iiberraschend gegen was man als theoretische Einseitigkeit in der Juristenausbildung ansah; man brachte während des Reichstages 1856 vor, daft es notwendig war, solche drastischen MalJnahmen zu ergreifen, umsich zu versichern, dafi „die juristische Bildung nicht, wie bisher, allzu einseitig werden möge“; sowie, „dafi Theorie und Praxis bei den Juristen längere Zeit einander begleiten soll“.'^* Olivecrona fand, dafi diese Auffassung gegen den wissenschaftlichen Ausgangspunkt fiir alle intellektuelleTätigkeit stritt. Die notwendige, allgemeine Definition der Wissenschaftlichkeit kann nur durch die Ganzheit der Wissenschaft realisiert werden. Alle verschiedenen Ausdriicke fiir die philosophische Einheit im Wissen - das grofie System der Wissenschaft - bildet den einzig möglichen Weg zur Erkenntnis iiber die wissenschaftlichen Forderungen. Durch die praktische Bestimmung der juristischen und der medizinischen Fakultäten wird somit der höchste Zweck der Universität in Handlung gebracht. Es wäre demnach als eine Katastrophe anzusehen, sowohl fiir die Universität in ihrer Ganzheit als fiir die Wirksamkeit der einzelnen Fakultät, wenn dieser Vorschlag verwirklicht werden sollte. Die erste verliert ihre Handlungskraft, die andere ihre Einheit und ihren Grund. Voneinander losgerissen hatten die akademischen Anstalten, nach Olivecrona, keine eigentliche Lebenskraft: Was dabei erstens das Losreifien der juristischen Fakultäten von den Universitäten und die Versetzung in eine isolierte Stellung in der Hauptstadt angeht, geht dieser Vorschlag von der im Grunde unrichtigen Voraussetzung aus, dafi der eine Wissenschaftszweig ganz und gar unabhangig von alien anderen im grofien System der Wissenschaft ist, und daft das Kultivieren einer Forschungsart zum Frommen der Wissenschaft geschehen kann, auch ohne irgendeinen Zusammenhang mit dem Bestreben fiir wissenschaftliche Kultur in anderen Richtungen. Keine Wissenschaft kann jedoch gesagt werden, steht ganz und gar isoliert, oder ohne Bedarf an Stiitze von anderen Wissenschaften. Dies gilt auch vollkommen Zit. aus Olivecrona, aaO. S. 116; ,,den juridiska bildningen icke, såsomhittills, må blifva alltför ensidig"; ,,att theorie och praktik hos juristerna längre tid må åtföljas".

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=