7 brachte es, gemäfi Kant, mit sich, daft der Erkenntnisanspruch des Faches in den erkenntnistheoretisch möglichen Bereich zu fallen kam.* Um, wenn möglich, ein Muster fiir die Gestaltung der wissenschaftlichen Formder Metaphysik zu finden, untersuchte Kant weiter die Entwicklung anderer Wissenschaftszweige. ImLaufe des Studiums der Geschichte der objektgeprägten Wissenschaften entdeckte Kant, daft die wissenschaftliche Entwicklung dieser Wissenszweige fiir die Vernunft noch problematischer gewesen ist: „Weit schwerer musste es naturlicherweise fiir die Vernunft sein, den sicheren Weg der Wissenschaft einzuschlagen, wenn sie nicht bloss mit sich selbst, sondern auch mit Objecten zu schaffen hat. Es war die Forderung nach förmlichen Revolutionen, nach einem „Umschwung“, in demftir die einzelnen Wissenschaftszweige spezifischen Denken erhoben worden, damit eine philosophisch notwendige Bestimmung der verschiedenen Disziplinen zustandekommen sollte.*° Kant exemplifizierte diese Revolution des wissenschaftlichen Denkens mit Kopernikus’ Konstruktion des heliozentrischen Weltbildes und dessen Bedeutung fiir die weitere Entwicklung der Astronomie.” In der Weise Kants die theoretische Tragweite des kopernikanischen Wendepunktes zu deuten, liegt der Schliissel zumVerständnis der Revolution des Denkens der Metaphysik, wie Kant sie in der Kritik der reinen Vernunft durchzufiihren beabsichtigte. Das heliozentrische Weltbild war, nach Kant, ein Resultat des Versuchs der Vernunft, wenigstens in einem begrenzten Erkenntnisbereich, einen unabhängigen Ståndpunkt gegeniiber dem Erkenntnisobjekt zu wahren. Diese Vernunftsposition hatte innerhalb der Astronomie die Anomalien beseitigt, die friiher Hindernisse in den Weg der wissenschaftlichen Entwicklungdieser Disziplin gelegt hatten. Offenbar schlofi sich hieran fiir Kant die natiirliche Annahme an, dafi die beklagenswerte Lage der Metaphysik ihre Ursache in einem fehlerhaft konstruierten Verhältnis zwischen Vernunfts- und Objektwelt hatte. Kant zog hieraus den Schlufi, dafi nur durch die Konstruktion eines autonomen Vernunftsstandpunktes in der Metaphysik - eine vergleichbare „kopernikanische“ Wende im philosophischen Denken- es möglich werden wiirde, ** AaO. ibidem; „Dass es der Logik so gut gelungen ist, diesen Vortheil hat sie bloss ihrer Eingeschranktheit zu verdanken, dadurch sie berechtigt, ja verbunden ist, von alien Objecten der Erkenntniss und ihrem Unterschiede zu abstrahiren, und in ihr also der Verstand es mit nichts weiter als mit sich selbst und seiner Formzu thun hat“. AaO. ibidem. Siehe insbes. aaO. S. 17 f. Die Tätigkeit der naturwissenschaftlichen Disziplinen hatte sich, nach Kant, von einem blofien „Eierumtappen“ zu finer gewissen wissenschaftlichen Formdurch „eine schnell vorgegangene Revolution der Denkart“ entwickelt. Hinsichtlich des miihsamen Weges der Mathematik und der Physik zu Gesetzmafiigkeit, siehe S. 18 f. " AaO. S. 21. Vgl. S. 25 hinsichtlich „Geometer und Naturforscher". '■ Zum Begriff „die kopernikanische Wende“ siehe Kaulbach, aaO. S. 27 ff. („die copernicanische Wendung" sowie „die copernicanische Wende“) sowie ders., Philosophic tier Beschreibung, S. 253. « 9
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