214 druck, ein abstrakter Uberbau, vermischt mit römischen Rechtsinstituten zu sein, und scheint aufierdem mit dem positiven Recht direkt unvereinbar zu sein. Die rein philosophische Untersuchung des Rechtsbegriffs wurde, mit Savignys Worten, iiber das wahre Systemdes Rechts betrieben. Der entgegengesetzte Umstand scheint, was Jacob Boethius’ akademische Tätigkeit betrifft, vorhanden zu sein. Boethius’ Schriften werden vor allemvon den Miihsalen des Stoffsammelns und des Referates geprägt und machen folglich den Gegenpol aus, den Savigny als eine Behandlung des blofi historischen Stoffes zu einemSystemniveau unter dem wahren Rechtssystem charakterisierte. Und, wie Olivecrona konstatiert hatte, dieser juristischen Kasuistik kann niemals der Rang von Wissenschaft verliehen werden. Auf Grund der einseitigen Einstellung der philosophischen Schulbildungen zum Erkenntnisproblem hatte die juristische Fakultät an sich keinen unerschiitterlichen Grund fiir ihre Tätigkeit.^* Es war notwendig, auch das rein juEs ist kaumzu verwundern, dafi in dieser Situation — da die Grenze zwischen der naturrechtlichen und der positivrechtlichen Jurisprudenz so diffus war — eine gewisse Spannung zwischen den Vertretern der philosophischen und der juristischen Fakultät entstand. Durch den Durchbruch der idealistischen Erkenntnistheorie wurde der Konflikt zwischen der juristischen Fakultät und der freien Fakultät der „eigentlichen“ Wissenschaftszweige verschärft -ein Gegensatz, der in einen offenen Streit iiberging, als die Vertreter der Historischen Schule die Lehrstiihle der juristischen Fakultät iibernahmen. Carl Johan Schlyter gab in Till bivistande af den högtidlighet hvarmed under Carolinska universitetets tvåhundradedrs-fest . . . (Ausfiihrung zu der Anwesenheit auf der Festlichkeit zum200-Jahrfest der Carolinska Universität . . .), S. 6 ff., eine Beschreibung von den Veränderungen, die das Verhältnis zwischen den Fakultäten an der Universität Lund seit Mitte des 17. Jahrhunderts durchgemacht hatte. 1743 wurde vorgeschlagen, dafi die Juris naturae et gentium nec non Moralium-Professuren von der juristischen zur philosophishen Fakultät uberfiihrt werden sollten. Dieser Vorschlag lief in eine Empfehlung der Reichsstände aus, dall die Professuren beiden Fakultäten angehören sollten, und 1782 w'urde schliefilich den Inhabern Sitz und Stimme in beiden Fakultäten zugesichert. Als Johan Holmbergsson 1811 den Juris-patrii-Lehrstuhl einnahm, wurden die Relationen zwischen den Fakultäten verschlechtert. Holmbergsson fuhrte, durch die wissenschaftliche Bearbeitung der positiven Rechtslehre, ein Element von „Ernst bei den juristischen Staatsexamen ein, woran man nicht gewöhnt war.“ Dadurch kam ein Streit zwischen der philosophischen und der juristischen Fakultät wegen der Verteilung der Examensschuldigkeit zwischen Juris patrii und Juris et Moralium auf. Dieser Kampf zwischen dem rein philosophischen Wissenschaftsideal (,,Die Anwendung des Naturrechts auf das biirgerliche Gesetz") und der geschichtlichen Rechtswissenschaft wurde durch den Vorschlag, daE der Historiarum-Professor der philosophischen Fakultät in die juristische Fakultät aufgenommen und zumExamen in Gesetzesgeschichte zugelassen wird, eingeleitet. Das Motiv zu diesem Vorschlag, dais dabei ,,die Fakultät eine Anzahl Mitglieder gewänne, die fiir den Dekan Hindernisse in den Vi'eg legen könnten, jederzeit seinen Willen zu dem BeschluE der Fakultät zu machen". Die Tatsache, daE zu dieser Zeit (5. Oktober 1813) Holmbergsson Dekan an der juristischen Fakultät war, bedeutet, daE das zunächst als Versuch von Seiten der Philosophen, Kontrolle iiber die juristische Tätigkeit an der Universität zu gewinnen, zu betrachten war. Schlyter wies darauf hin, „DaE . . . das freilich eine Unförmigkeit war, daE in solchen Fragen, bei denen der Juris-Professor eine alleinige Entscheidung haben sollte, er jedes zweite Jahr, da der Philosophiae-Professor Dekan war, von diesem uberstimmt werden konnte, dessen Wille dann FakultätsbeschluE wurde. Der Sache sollte dadurch abgeholfen werden, daE von der philosophischen Fakultät noch ein Mitglied in die juristische aufgenommen werden
RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=