189 sität und deren Verhalten zur Umwelt regelte. Die Auffassung von der inneren einheitschaffenden Kraft des Wissens verhält sich, nach Hwassers Auffassung, zu ihren gebildeten Organismen, wie z.B. der Grund sich zumMittel verhält, oder wie der Argumentationsgrund sich zur Anwendung verhält. Die absolute Autonomie der Universität setzte folglich nicht einzig und allein voraus, dafi der Argumentationsgrund der freien Wissenschaft akzeptiert wurde, sondern auBerdem, dafi dieser im grofien System der Wissenschaft anwendbar war. Es mufi fur jede einzelne Disziplin möglich sein, durch eine ,,kopernikanische“ Wende den sicheren Weg der Wissenschaft einzuschlagen und dadurch zu einer freien Wissenschaft veredelt zu werden. Die Unabhängigkeit der Universität von anderen Zwecken als den der Wissenschaft, konnte einzig und allein in einer wahren emanzipierten Vernunft begriindet werden - ein unzureichend befreites Subjekt fiihrte unvermeidlich zu einer unfreien Universität. Die Spaltung der kantianischen Vernunft in eine praktische und handelnde Sphäre und einem allerdings theoretischen, aber nur kritisch angelegten Erkenntnisgebiet, wurde in der Universitätsauffassung Kants widergespiegelt. Die kantianische Universität wurde in zwei qualitativ verschiedene Gebiete eingeteilt: teils in praktische, vermeintlich angewandte, aber theoretisch unfreie Fakultäten, teils in die freie, ausschliefilich philosophische, Fakultät - eine Aufteilung, die der kantianischen Systematik entsprach, in der alles, angesichts des allgemeinen Zweckes der Wissenschaft, nur Organ sein konnte. Die Theoriekonzeption des reflexionsphilosophischen Vernunftsstandpunktes war ein Versuch, die Metaphysik in den sicheren Weg der Wissenschaft einzufiihren, fort von den Forderungen äufierer Zwecke. Das Resultat der kopernikanischen Wende in der Philosophie war doch irgendwie eine Enttäuschung geworden: Die Metaphysik, in ihrer Eigenschaft als Methodentraktat der Wissenschaft, war in eine isolierte und versteinerte Disziplin ausgeartet, die, ohne ihre Grenzen zu iiberschreiten, gar kein Entwicklungspotential besaf^. Damit liefi die theoretische Tätigkeit innerhalb der Universitätsorganisation vollständig eine Relevanz fiir die handelnden Disziplinen vermissen; denn der wissenschaftliche Argumentationsgrund konnte nicht den Ausgangspunkt fiir das praktische Flandeln ausmachen — kurz, die Theorie konnte nicht angewendet werden: „Ein jeder, der nähere Bekanntschaft mit irgendeiner gröfieren und wichtigeren praktischen Funktion innerhalb der Gesellschaft hat, hat Gelegenheit gehabt zu sehen, wie diese, um ihren Bestand zu retten und zu vermeiden, dafi durch Beeinflussung von äufieren Theorien in leeres Gerede aufgelöst zu werden, genötigt war, sich in einen jede wissenschahliche Bedeutung tatsächlich verleugnenden Beruf zu verwandeln. Fine solche Verwandlung ist eine wirkliche Frniedrigung, und es ist Unverstand, dariiber hochmiitig zu werden . . . AaO. S. 179: ,,Hvar och en, som har en närmare bekantskap med någon större och vigtigare practisk function inomsamhället, har hatt tillfälle att se, huru denna, för att rädda sitt bestånd och undvika att genom inflytelsen af ytliga theorier upplösas i tomt prat, nödgats förvandla sig till ett all vetenskaplig betydelse factiskt förnekande vrke. F.n sådan förvandlig är en verklig förnedring, och det är oförstånd att högfärdas deröfver . . “ 22
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