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VIERTER TEIL Der Begriff der freien juristischen Fakultät „Aber hieraus folgt, dafi die juristische Fakultät ein selbständiges, aus ihrer eigenen praktischen' Bedeutung sich entwickelndes Prinzip hat, das nicht nur unabhängig sein mufi, sondern auch die zu beherrschen, die von anderen mehr oder weniger fremden Forschungsarten geholt sind, und um diese wissenschaftliche Selbständigkeit zu erlangen, schien es folglich fiir dieselben notwendig zu sein . . «2 Israel Hwasser (1835) „Die Idee von einer Fakultät“ ^ Da Friedrich Carl von Savigny in Vom Beruf das Unvermögen der deutschen Rechtswissenschaftler ihren Stoff zu beherrschen beklagte, war dies als Erklärung fiir die Stagnation der modernen Rechtswissenschaft gedacht. So lange es sich die Rechtswissenschaftler gestatteten, unbewufit von den im historischen Material verborgenen äufieren Zwecken getrieben zu werden - „nicht wie wir wollen“ - wiirde die Jurisprudenz als akademische Disziplin von ständigen Anomalien und hafierfiillten Streitigkeiten geplagt werden: „Dieser iiberwiegende Einflufi des bestehenden Stoffs . . . wird uns verderblich seyn, solange wir ihmbewufitlos dienen, wohlthätig, wenn wir ihm eine lebendig bildende Kraft entgegen setzen . . . Gegeniiber der iiberwältigen Vielfalt des Stoffes, mufite der wissenschaftliche Jurist die ganze einheitschaffende freie, bildende Kraft seiner Vernunft einsetzen. Der Rechtswissenschaftler mufite sich in seinem Verhältnis zum Material als ein frei handelndes Subjekt auffassen und damit selbst, durch seine Wissenschaftlichkeit, die Bildung des historischen Stoffes steuern. Ein scharfer Gegensatz herrschte zwischen der Entwicklung, die nach ,,den sicheren Gang einer Wissenschaft“, geschehen war, in der eine Vernunftsabsicht den historischen Verlauf kontrollierte, und das auf einem unreflektierten, empirisch be- ' Notabene, die Bedeutung des Begriffes „praktisch“, siehe unten S. 199. ^ Hwasser, Israel, Om Facultetsmrättnmgen och det academiska studium (Uber die Fakultätseinrichtung und das akademische Studium), S. 226. ^ AaO. S. 206. ■* Savignv, Vom Beruf unserer Zeit fiir Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, S. 69. « 4

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