RB 44

171 Fiir diese unfreie Vernunft, die entweder die rechtswissenschaftliche Tätigkeit nach einem leeren Wissenschahsideal konstruieren mufite oder nach ganz willkiirlichen, äufieren Zwecken, blieb nur ein Weg zur wissenschaftlichen Form iibrig, und dieser nahm seinen Anfang in der Geschichte. Die reine Philosophie, der vornehmste Ausdruck der kritischen Vernunft, hatte sich nicht in der Lage gezeigt, einen philosophisch notwendigen Grund fiir die Freiheit der wissenschaftlichen Tätigkeit zu legen, denn das ist, nach Schlyters Auffassung, „im Gegensatz zu dieser lehrreichen Erfahrung, wie eine heutzutage gewisse herrschende Vorstellungsart, gewisse einmal angenommene Vorurteile, mehr oder weniger ins System gebracht, gaben sich den Namen der Vernunft; war diese vermeintliche Vernunft imTiegel der Abstraktion gereinigt worden von den kleinen Partikeln des Lebens, die zumindest der täglichen Erfahrung nicht entgehen konnten, darin einzulegen, dann nennt sie sich Philosophic". Die rationalistische Philosophic machte folglich einen falschen philosophischen Standpunkt aus,'^'’ geschieden von der transzendentalphilosophischen Bestimmung der wahren wissenschaftlichen Vernunft: der Natur des freien Handelns. Ausgehend von diesem erkenntnistheoretischen Ståndpunkt hatte es die Vernunft nicht vermocht, den philosophisch notwendigen Grund fiir ihr Handeln zu finden - den Grund folglich, der die Freiheit der wissenschaftlichen Vernunft zu garantieren vermag, den Kenntnisstoff zu bearbeiten. Die induktive Systematik des Empirismus hatte sich ihrerseits direkt gegen die Idee einer produktiven Vernunft gezeigt; Kants aus der reinen Vernunft deduzierten Wissenschaftlichkeitskriterien bedrohten auch, wenn auch unabsichtlich, die Freiheit der Vernunft, und damit auch die Freiheit der Wissenschaft aufzuheben. Das wahre Verhältnis zwischen philosophischem und geschichtlichem Wissen mufi daher, nach Schlyters Meinung, von einer anderen Art sein als man friiher angenommen habe: „Was dann das Verhalten zwischen der Gesetzesgeschichte anbelangt, so habe ich gezeigt, daii es durch die Geschichte ist, dafi man im Grunde die menschlichen Gesellschaften kennenlernen mufi; die Art und Weise, wie sich der Rechtsbegriff entwickelte, die Ursachen, die in vergangenen Zeiten das Aufkommen der Gesetze veranlafit haben, die Wirkungen, die sie in der Zeit als geltend gezeigt, die Umstände, die zu deren Ausbildung, Veränderung oder Abschaffung gegifvet oberoende förnuft, i själfva verket fängslade vid det närvarande; den förra då den inbillar sig att dagens rådande föreställningssått just år det gällande förnuftet; den senare då den icke har annat än de närmast bekanta statsinrättningar och lagstiftningsideer att slutligen inrymma i det väl renade förnuftets tomma luftslott. Från denna fångenskap under den närvarande tidens begrepp, är det just historien som förlossar den mänskliga tanken". AaO. S. 9 f. (meine Flervorhebung): ,,i motsats mot denna lärorika erfarenhet, som ett visst rådande föreställningssätt för dagen, vissa en gäng antagna fördomar, mer eller mindre bragta i system, gifva sig namn af förnuft; har detta förmenta förnuft i abstraktionens degel blifvit renadt från de små partiklar af lif, som åtminstone dagens erfarenhet e) kunnat undgå att där inlägga, dä kallar det sigfilosofi". AaO. S. 26. Ih4

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