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151 Rechtswissenschaft eine exklusive rechtswissenschaftliche Methode voraus, die bei Savigny als „die strenge historische Methode der Rechtswissenschaft erscheint. Wie diese historische Bearbeitung des rechtlichen Stoffes erfolgen sollte, fragte sich Savigny in seinen Methodenvorlesungen: „Wie mufi eine solche historische Bearbeitung geschehen? Es kommt an: erstens auf historische Verkniipfung, zweitens auf historische Trennung. 1. Historische Verkniipfung. Wie mufi historisch verbunden werden? Die einfachste Art ist die: wenn man aufsucht, wie eine bestimmte Frage in verschiedenen Zeiten der Gesetzgebung verschieden beantwortet ist. Allein man darf durchaus nicht dabei stehen bleiben, denn sonst wiirde man blofi beschränkte Resultate erhalten, in vielen Punkten wiirden selbst Irrtumer beinahe unvermeidlich sein. Man mufi das System im Ganzen nehmen und es sich als fortschreitend denken, d.h. als Geschichte des Systems der Jurisprudenz imganzen, hierauf kommt alles an. Die höchste Aufgabe fiir die Interpretation war Kritik, in der Rechtsgeschichte findet sich etwas ähnliches: die Quellenkunde; sie liefert auch den Stoff zur historischen Bearbeitung, auch sie ist entweder diplomatisch, d.i. allgemeine Notiz der Quellen, die von aufien geliefert werden mufi, oder eine höhere, die den gegebenen Stoff reinigt, höchste Aufgabe fur die Rechtsgeschichte. Fiir die diplomatische gibt es Gesetze der Behandlung, die höhere geht selbst erst aus der Rechtsgeschichte hervor, bearbeitet und konstruiert den Stoff.“ « 105 Die historische Methode bedeutete grundsätzlich Bearbeitung, Selektion, Konstruktion und Systematisierung des Materials - dies machte das historisch Trennende und Verbindende der rechtswissenschaftlichen Methode aus. Aller Stoff, der als den Ausdruck fiir entweder aufiere, unwissenschaftliche Zwecke oder fiir andere Objektbestimmungen aufgefafit wurde, mufJte erst einmal aus der wissenschaftlichen Argumentation getilgt werden. Nur der historische Stoff, der in Zeit und Raum ein philosophisches Ideal realisiert, konnte dafiir angesehen werden ein wissenschaftlich relevantes Material auszumachen. Der rechtliche Stoff war folglich ein Produkt aus einer in diesem Sinne geschichtlichen Trennung. Die rechtswissenschaftliche Selektion, Basis fiir die freie wissenschaftliche Bearbeitung des Rechts, fand nämlich ihren Ausgangspunkt in der Vereinigung von einer Vernunfts- und einer Objektbestimmung, d.h. wie in diesem Fall, in der eigenen Natur der Rechtswissenschaft. Alle iibrigen Zweckbestimmungen wurden als fremd fiir die Natur der Rechtswissenschaft aufgefafit und mufiten, um die Freiheit der rechtswissenschaftlichen Vernunft zu bewahren, vom wissenschaftlichen Gebiet abgetrennt werden. Nur der Stoff, der den höchsten Zweck der Rechtswissenschaft darstellte, konnte ein hinreichend bestimmtes, klares juristisches Material fiir die konstruktive Tätigkeit der Vernunft - fiir „die historische Verbindung“ - ausmachen, die der rechtswissenschaftlichen Tätigkeit ihren wissenschaftlichen Charakter gab. Durch die postulierende Einheit zwischen Vernunft und Objekt war es fur die Vorn Beruf, S. 71. Jurtstische Methodenlehrc, S. 32 ff. 105 106

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