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148 Die Rechtsgeschichte, als die Verbreitung der rechtlichen Systematik in Zeit und Raumaufgefafit, kann imWiderspruch zu Savignys Definition von der sogenannten äufieren Rechtsgeschichte erscheinen. Die äufiere Rechtsgeschichte ist im Verhältnis zum Begriff ,,blol? historisch", eine erkenntnistheoretisch qualifizierte Wissensart; in der äuBeren Rechtsgeschichte spiegelt sich eine grundlegende wissenschaftliche Einheit. Die einheitschaffende Kraft hat jedoch in der äuBeren Rechtsgeschichte nur einen schwachen Ausdruck erhalten. Da die äuBere Rechtsgeschichte eine Darstellung von den vorgenommenen Veränderungen in der Gesetzgebung durch die Zeiten beinhaltete, ist es offenbar, daB diese Darstellung viel enthalten mufi, was nur in der Willkiir eines historischen Gesetzgebers griindete und, mit anderen Worten, aus Stoff besteht, der nicht gegeben ist. Die Systematik, die durch eine äuBere rechtsgeschichtliche Bearbeitung hervorgebracht wird, ist damit nur ein Aggregatsgebäude, das zumindest teilweise nach äuBeren und unwissenschaftlichen Zielen erfolgen muBte. Eine solche Behandlung des Stoffes kann allerdings, nach Savigny, niitzlich sein, aber sie gab keine Definition vomGeschichtsbegriff der historischen Methode. Die wahre oder eigentliche Historie kann nicht von einer derartigen Anhäufung nach verschiedenen willkiirlichen Zielen ausgehen - soil die historische Methode wissenschaftlich angenommen werden, so muB sie zu einer organischen Systematik fiihren, die in der Lage ist, eine innere Einheit imStoff herzustellen. Savigny gab im folgenden Paragraphen einen aufschluBreichen Ausdruck fiir den Unterschied zwischen diesen verschiedenen Strukturen: „Eine solche Behandlung wiirde von sehr geringem Werte sein, wenn sie ein blofies Fachwerk, ein bequemes Aggregat der Materien lieferte, sie ware dann blofie Erleichterung des Gedächtnisses, soli sie wahres Verdienst haben, so mufi ihr innerer Zusammenhang eine Einheit produzieren. Der historische Ausdruck mufite also ständig in Zusammenhang mit der systematischen Einheit - dem philosophischen Ideal - gesetzt werden. Nur die innere Rechtsgeschichte bestand aus einer solchen wahren historischen Bearbeitung des juristischen Stoffes: „Man mufi sich das System als stets fortschreitend denken und alles damit in Verbindung setzen (innere Rechtsgeschichte), nicht blofi emzelne Rechtsfragen bearbeiten. « 96 « 97 Die Forderung, daft demjuristischen Stoff durch die historische Methode eine wissenschaftliche Bearbeitung gegeben werden sollte, bedeutete folglich nicht, daf^ es erforderlich war, den systematischen Charakter des Rechtswissenschaftlichen aufzugeben. Umgekehrt machte das wahre Historische, auch das wahre Philosophische aus und vice versa, und die Rechtswissenschaft mufite auf ihAaO. S. 15f. AaO. S. 17. Siehe Wilhelm, aaO. S. 29.

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