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133 kantianischen Idealisten, die Begrenzungen des kritischen Standpunkts zu iiberwinden, ohne dadurch zu einer wesensmetaphysischen Position zuriickzukehren, erreicht. Sämtliche bis dahin bestehenden philosophischen Schulen batten erkenntnistheoretische Einseitigkeit entweder dutch Uberbetonung der Rolle des Subjektes oder Objektes im Erkenntnisprozefi gezeigt. Um diese Einseitigkeit aufzuheben, mufite die emanzipierte Vernunft ihre Anstrengungen darauf einrichten, einen Weg zur formellen Einheit des Wissens zu finden; die formelle Erkenntniseinheit hatte die Vernunft aus ihren eigenen Voraussetzungen fur das Erfahren konstruiert, die materielle Einheit dagegen mufite notwendigerweise ihre Basis auch auBerhalb der Vernunft, in der Objektwelt, haben. Die Vernunft wurde demnach gezwungen, umden Stoff als einen Ausdruck ftir absolute Freiheit anwenden zu können, eine grundlegende erkenntnistheoretische Identität zwischen Subjekt und Objekt anzunehmen. Diese Annahme sprengte natiirlich den Rahmen des transzendentalphilosophischen Standpunkts: Kant hatte die Frage nach der Einheit des Wissens mit dem Hinweis auf die reine Formder Vernunft beantwortet. Dies schloB in sich jeden Ansatz zu einer Relation zwischen der einheitschaffenden Kraft der Vernunft und der objektiven Einheit aus und machte das Bestreben der wissenschaftlichen Vernunft, einen materiellen Ausdruck in der Mannigfaltigkeit des Stoffes zu finden töricht. Dutch die angenommene Identität zwischen Vernunfts- und Objektwelt hatte sich die menschliche Vernunft jedoch einen Ausgangspunkt fiir die absolut wissenschaftliche Bearbeitung des Stoffes geschaffen. Die absolute Vernunft war angesichts des materiellen Chaos des Stoffes gezwungen, ein Experiment mit der Reichweite des eigenen einheitschaffenden Vermögens anzustellen. Um in der Lage zu sein, die besondere Wissenschaftlichkeit der Spezialwissenschaften innerhalb des Rahmens der absoluten Grenzlinie des allgemeinen Wissenschaftsbegriffes aufzufassen, war es erforderlich, einen notwendigen Ausgangspunkt fiir die Organisation des Stoffes zu finden. Die Vernunft stand unter dem Zwang, eine Ubereinstimmung zwischen den materiellen Einheiten, die im BewuBtsein der Vernunft existieren, und einer allgemeinen Natureinheit - „das Ding an sich“ - zu postulieren. Von dieser angenommenen Grundlage fiir die Stoffwelt — eine vorausgesetzte Parallellität zwischen Vernunfts- und Natureinheit - aus, war es wiederummöglich, den Stoff materiell zu strukturieren, ohne der Vernunft die Basis ihrer Freiheit zu rauben. Diese Einheit zwischen Subjekt und Objekt in der philosophischen Erkenntnis machte statt dessen eine Voraussetzung fur die Ausdrucksweise der freien Vernunft, die freie Produktion des Objekts, aus.^° Sielie Savi^ny, Voru Bern}, S. 13. Die Bedcutung der objektiven Fdnheit wird von einemgeometrischen Beispiel belciielitet; „In jedem Drcyeek namlich giebt es gewisse Bestimmungen, aus dercn Verbindung zugleich alle iibrige mit Nothwendigkeit folgen; dutch diese . . . ist das Dreyeck Triangelbeispiel Schellings ist unvermeidlich, siehe oben S. 30, Fn. 78 gegeben“. Die Parallelle zum (vgl. hierzu Riickert, aaO. S. 321, Fn. 91).

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