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104 des Fakultätsbegriffes mit Schellings freier Fakultät ist aufschlufireich fiir die Unterschiede in den Standpunkten. Unaufhörlicher Fortschritt war sowohl fiir Kant wie fiir Schelling das entscheidende Kriterium dafiir, daf? Disziplin den sicheren Weg der Wissenschaften einzuschlagen vermochte - und Fortschritt setzt einen wissenschaftlichen Argumentationsgrund voraus. Aber während Schelling voraussetzte, dafi dieses Vermögen zu freier Bildung jede akademische Bildung charakterisiert, reservierte Kant den Argumentationsgrund der freien Wissenschaft fiir die Disziplinen, denen es selbst notwendigerweise an Handlungspotential fehlt. Der kantianische Fakultätsbegriff verblieb deswegen rein formell; erst durch die Aufteilung in obere, beziehungsweise untere Fakultäten wurde die Tätigkeit der Fakultät materiell bestimmt. Die untere, philosophische Fakultät ist freilich als unabhängig von alien äul^eren Interessen zu betrachten, aber sie vermochte diese Freiheit nur in Isolation aufrechtzuerhalten. Das Streben, in der Umwelt zu wirken, das die Vertreter der oberen Fakultäten beherrschte, veranlafite Kant dagegen, diese Klasse von Fakultäten als Zusammenschliisse zu bezeichnen, deren Tätigkeit in direktem Gegensatz zu dem Anspruch auf wissenscbaftlicbe Freiheit stand. Abhängig und äuBeremZwang unterworfen - dieses stellte Kants Charakterisierung der Tätigkeit der oberen Fakultäten dar. Fiir Schelling erscheint die einzelne Fakultät statt dessen als Werkzeug der Universität, umden Einfluf? der wissenschaftlichen Bildung auf das Gesellschaftsleben zu befördern. Die freie Fakultät stellt in Wirklichkeit, kraft ihres Vermögens, sachliche Bestimmung zu wahren, ein Organ fiir das Interesse der Wissenschaft dar - d.h. dadurch, dafi sie gleichzeitig, aber auf einer niedrigeren Systemstufe, ein Organismus ist. Die schellingsche Fakultät wird mithin sowohl von äul^erer Freiheit von Willkiir als auch von der inneren Freiheit, durch die der eigenartigen oder historischen Seite der Disziplin erlaubt wird, ihren eigenen Ausdruck zu finden, gekennzeichnet. Damit wurde das Licht der Aufmerksamkeit auf das schwächste Ghed mder Organisation des kantianischen Streits der Fakultäten gelenkt; der bis dahin verborgene Stiitzpunkt, von dem aus die ,,eigentumhchen“ Fakultäten als ,,obere” definiert wurden und die Zufälligkeit wurde innerhalb der Mauern der Universität losgelassen, nämlich die vermeintlich freie philosophische Fakultät. Die Auffassung von der Rolle der unteren Fakultät in dem gesetzmäfiigen Streit der Fakultäten enthält, ausgehend von der idealistischen Annahme, dafi das Allgemeine und das Besondere in die gleiche höchste Einheit eingehen, einen offenbaren Widerspruch. Kant sah die Philosophie als Grundwissenschaft der Wissenschaft an und die untere Fakultät stellte den Ausdruck dieser Disziplin dar; die Aufgabe der philosophischen Fakultät entsprach somit im grohen und ganzen der schellingschen Bestimmung der Universität, das Interstand. Umgekehrt sah man die wissenschattliche Freiheit als die vorderste V'oraussetzung fiir den heilsamen Einflufi der akademischen Welt auf das Gesellschaftsleben an. Vgl. Schnabel, aaO. S. 446 ff., insbes. S. 480 f.

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